„Vom Start-up zum professionellen Mittelstand“: Geschäftsführer Florian Weins über Ratsherrn
Bei der Ratsherrn Brauerei aus Hamburg ist ordentlich was los: Im März kam das neue Alster Hell auf den Markt, und auch schon Ende des letzten Jahres wurden mit dem Pilsener Alkoholfrei 0,0% Vol. und der 20 x 0,33l Stadtkiste für das Hamburg Hell zwei neue Produkte gelauncht. Zudem setzt die Brauerei auf gute Nachbarschaft und bündelte im März die Synergien mit den Online Marketing Rockstars (OMR), die eine Tür weiter in den Hamburger Schanzenhöfen sitzen. Spannende Zeiten für das mittelständische Unternehmen, das noch immer zu 100% in Familienhand liegt. Das sieht auch Florian Weins so – seit 2020 ist er Geschäftsführer der Brauerei. Seine nunmehr 16 Jahre Branchenerfahrung sammelte er u.a. bei der Bitburger Braugruppe und bei AB InBev. Im Mittelpunkt der Tätigkeiten bei Ratsherrn steht für ihn nun die Transformation des Unternehmens – von einem Start-up hin zum professionellen Mittelstand.
Im Interview mit about-drinks erzählt er, was Ratsherrn für ihn so spannend macht. Zudem spricht er über die neuen Produkte, Trends sowie die aktuelle Situation auf den Rohstoffmärkten.
Herr Weins, Sie sind seit 2020 Geschäftsführer der Ratsherrn Brauerei. Nicht Ihre erste Station in der Branche …
Florian Weins: Ich bin tatsächlich seit nunmehr 16 Jahren in der Bierbranche tätig. Auf ein duales Studium bei der Bitburger Braugruppe folgten zwölf Jahre bei Anheuser-Busch InBev in Deutschland sowie dem europäischen Ausland. Dort habe ich als Trainee gestartet, und war nach Stationen im Vertrieb dann zuletzt in Geschäftsführungsfunktionen tätig.
Jetzt also Ratsherrn – was macht die Brauerei für Sie so spannend?
Florian Weins: Die Ratsherrn Brauerei ist ein mittelständisches Unternehmen und liegt zu 100% in Familienhand. Neben dem in den letzten beiden Jahren leider vorherrschenden Covid-bedingten Krisenmanagement steht die Transformation des Unternehmens – von einem Start-up hin zum professionellen Mittelstand – im Mittelpunkt.
Hierbei machen insbesondere der großzügig gegebene Handlungs- und Entscheidungsspielraum der Eigentümer und auch der konkrete Einfluss auf die langfristige Entwicklung der Marke, die Ausrichtung des Unternehmens sowie die Unternehmenskultur die Arbeit sehr spannend.
Erzählen Sie ein bisschen mehr von der Brauerei. Seit wann gibt es sie? Wo ist sie beheimatet?
Florian Weins: Vor genau zehn Jahren wurde hier in den Hamburger Schanzenhöfen, im Herzen der Stadt, erstmalig unser Bier abgefüllt. Dies nach einer mehrjährigen Bautätigkeit im denkmalgeschützten Bestand. 2020 haben wir zudem als ein wichtiger Schritt zu mehr Unabhängigkeit im Osten der Stadt unsere eigene Flaschen- sowie Dosenabfüllung in Betrieb genommen.
Die Marke Ratsherrn gibt es aber schon einige Jahre länger, richtig?!
Florian Weins: Genau, Ratsherrn ist eine tradierte Hamburger Marke, die in den 1950ern von der Elbschlossbrauerei in Hamburg-Nienstedten aus der Taufe gehoben wurde. Nach einem längeren Dornröschen-Schlaf hat Oliver Nordmann dann in den frühen 2000er Jahren zunächst die Vertriebs- und dann auch die Markenrechte erworben.
Die Bekanntheit, Authentizität und die lokale Verankerung der Marke mit der Stadt Hamburg, mit nun über drei Generationen Verwenderschaft hinweg, spielt uns sehr in die Karten. Das heutige Standing von Ratsherrn in und um Hamburg ist beachtlich.
Wie viele Produkte gibt es aktuell? In welche Linien sind diese aufgeteilt?
Florian Weins: Wir unterteilen unser Portfolio in drei Linien: die Klassik-, Organic- und die sogenannte Kenner-Linie. Im Fokus stehen selbstredend unsere Klassiker, das Pils, das unfiltrierte Hamburg Hell, rein für die Gastronomie das Zwickel sowie das kaltgehopfte Pilsener Alkoholfrei 0,0% Vol.
Dem generellen Bio-Trend bereits seit mehreren Jahren folgend, bieten wir auch drei verschiedene Organic-Produkte an. Die große Fangemeinde für unsere sogenannten Kenner-Biere wiederum wie Pale Ale, West Küsten IPA, Matrosenschluck oder das Moby Wit, die unsere Leidenschaft für Biervielfalt widerspiegeln, werden wir zukünftig vermehrt mit limitierten Saisonbieren zu begeistern wissen.
Ganz frisch im März haben Sie ein neues Produkt gelauncht. Welches ist das?
Florian Weins: Nach der sehr erfolgreichen Einführung des Hamburg Hell im Jahre 2020 folgt nun die Biermischvariante: unser Alster Hell in der 0,33l Sudflasche.
Wie wird das Alster Hell herstellt?
Florian Weins: Das Alster Hell wird wie das Basisbier Hamburg Hell naturtrüb abgefüllt, es hat mit 2,9% Vol. eine bierigere Ausprägung im Vergleich zur Kategorie und ist weniger süß. Das besondere neben diesem leckeren Inhalt ist der Name, der mit dem Begriff „Alster“ und dem Claim „Nenn es nicht Radler“ mit ausreichend Lokalkolorit versehen ist.
Schon Ende des Jahres 2021 waren Sie sehr aktiv. Welche Produkte kamen da auf den Markt?
Florian Weins: Das Ratsherrn Pilsener Alkoholfrei 0,0% Vol. stellt genau wie das Alster Hell für uns eine sinnvolle Segmenterweiterung dar. Den Konsumentenbedürfnissen folgend, zeichnen sich auf jeweiligem Niveau schon sehr gute Wachstumsraten ab.
Zudem haben wir unser bis dato nur im 6er Pack verfügbares Hamburg Hell in einer praktischen 20 x 0,33l Stadtkiste mit convenientem Tragegriff gelauncht.
War der Launch des Alkoholfreien Bieres schon länger geplant?
Florian Weins: Nachdem wir vor zwei Jahren unser obergäriges Organic Ale Alkoholfrei mit unter 0,5% Vol. auf den Markt gebracht hatten, stellten wir fest, dass uns ein echtes Alkoholfreies mit 0,0% Vol. und zudem auf Pilsener Basis produziert dennoch fehlte. Mit nur 13 Kalorien je 100 ml – was seinesgleichen suchend ist – konnten schnell die einschlägigen Sport-Clubs der Stadt als Neukunden gewonnen werden.
Wie schätzen Sie den Biermarkt aktuell ein. Was liegt – neben Alkoholfreiem – im Trend?
Florian Weins: Der deutsche Biermarkt ist und bleibt grundlegend weiterhin hart umkämpft. Dennoch gibt es seit Jahren stetig wachsende Kategorien wie das Helle. Neben dem reinen Fokus auf bestimmte Sorten oder Segmente halten jedoch auch weitere Trends wie der Wunsch nach Regionalität und Nachhaltigkeit sowie ein immer größer werdendes Gesundheitsbewusstsein Einzug in den tradierten Biermarkt.
Auch das Bedürfnis nach Transparenz und Teilhabe stellt tolle Möglichkeiten der Interaktion mit unseren KonsumentInnen dar, insbesondere im Bereich Social Media. So haben wir über Instagram bereits 15.500 Follower.
Regionalität und Nachhaltigkeit – Ratsherrn bietet mit der „Organic Range“ Produkte, die in diese Richtung gehen. Was ist die „Organic Range“ genau?
Florian Weins: Es war vor rund drei Jahren der erste Aufschlag von Ratsherrn sowohl für den klassischen Lebensmitteleinzelhandel als auch für den Bio-Channel eine Range anzubieten. Das heißt, es gibt es das Grundbier, unser Organic Ale und daraus dann weiter entwickelt das erwähnte Organic Ale Alkoholfrei sowie ein Organic Alsterwasser.
Gibt es schon Pläne für weitere Produkte – in diesem Bereich oder in anderen?
Florian Weins: Wir prüfen dauerhaft die gegebenen Trends, um schnellstmöglich und zielgenau die Bedürfnisse unserer Kunden bedienen zu können. Unsere Größe und Agilität helfen uns dabei, flexibel zu reagieren.
Auf Bio zurückkommend, glauben wir fest, dass dies früher oder später ein „Must Have“ aus Sicht unserer VerwenderInnen wird und als Grundvoraussetzung angesehen wird.
Wird bewusster Genuss durch Alkoholfreies und z.B. Zertifizierungen für die Konsumenten wichtiger bei der Wahl des Bieres?
Florian Weins: Es bilden sich schlicht immer mehr divergierende Konsumentengruppen aus und es sollte klar sein, dass Genuss nicht immer mit einem möglichen Alkoholgehalt eines Bieres einhergeht. Dennoch steht Bier kulturhistorisch schon immer für Geselligkeit und diese ist gerade in den letzten zwei Jahren deutlich zu kurz gekommen.
Wir sind stolz, mit dem Slow Brewing Siegel einem Verbund anzugehören, der sich bewusst außerhalb der Polarisierung „konventionell versus bio“ für die Förderung von regional gebrautem hochwertigem Bier stark macht und das Thema einfach nur positiv belegt. Bier war früher schließlich auch ein „Kirchturm-Geschäft“.
Wo kann man Ihre Produkte kaufen? Über welche Distributionswege werden sie vermarktet?
Florian Weins: Wir kooperieren hier im Norden mit allen klassischen Handelspartnern, mit Ausnahme von Hard-Discountern. Die Belieferung findet in der Regel – dies gilt ebenso für die Gastronomie – klassisch über den Getränkefachgroßhandel statt. Die Channel E-Commerce & Impuls werden natürlich auch bei uns immer bedeutender.
Wie gehen Sie als Brauerei mit der aktuellen Situation auf den Rohstoffmärkten und den allgemeinen Preissteigerungen um?
Florian Weins: Letztgenanntes zeigt, wie disruptiv und volatil unser Markt ist. Der klassische Getränkefachgroßhandel hat mit knappem Frachtraum zu kämpfen, die Rohstoffe werden immer teurer oder sind nicht lieferbar. Auch aus diesem Grund haben wir entschieden massiv in eine noch größere eigene Kreislaufwirtschaft, die wir ja mit eigenem Bio-Rindfleisch und Bier in den Braugasthäusern bereits leben, zu investieren.
So wurde jetzt gerade im März auf 150 ha eigenen Anbauflächen auf Rügen Braugerste in die Felder gesät, um schon nächstes Jahr eigenes Malz nutzen zu können. Einen Riesenschritt in Richtung regionaler Wertschöpfung.
Sie sprechen die Braugasthäuser an: Warum lohnt sich ein Besuch in den Schanzenhöfen, wenn man mal in Hamburg ist?
Florian Weins: Unsere Stadtbrauerei liegt mitten im lebendigen Szeneviertel „Sternschanze“ und bildet die Heimat der Marke Ratsherrn. Sie bildet zusammen mit spannenden Nachbarschaftsprojekte wie mit der elbgold Kaffeerösterei oder jetzt neu den OMR (Online Marketing Rockstars) einen echten Hot Spot.
So sind in unserem Brauquartier auch unser Altes Mädchen Braugasthaus sowie der Ratsherrn Store, der Startpunkt für Brauereiführungen mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten, zu finden. Frischer als hier vor Ort wird man unser Bier nirgends verkosten können.
Ratsherrn | ratsherrn.de | instagram.com/ratsherrn_brauerei | facebook.com/Ratsherrn
+++ Wir bedanken uns bei Florian Weins für das offene und sehr interessante Interview und wünschen weiterhin viel Erfolg! Wenn auch Sie eine interessante Marke haben, dann sollten wir uns unterhalten. Senden Sie uns einfach eine E-Mail mit dem Betreff „about-drinks Interview“ an redaktion@about-drinks.com – wir freuen uns auf Ihren Kontakt! +++