Versorgung mit Getränken gefährdet? Der BV GFGH nimmt Stellung
„Wir sehen das gemeinsame Ziel der Hersteller, des Groß- und Einzelhandels und der Gastronomie zunehmend gefährdet, die Konsumenten zuverlässig mit allen gewünschten Getränken zu versorgen, insbesondere in heißen Sommern, wie in diesem Jahr“, mahnt Günther Guder, geschäftsführender Vorstand des Bundesverbandes des Deutschen Getränkefachgroßhandels (BV GFGH), in seiner Presseerklärung zum Jahresergebnis 2017 und zu den Konjunkturaussichten. Die teilweise verständliche Optimierung der Prozesse auf Seiten der Hersteller und des Lebensmitteleinzelhandels erfolge oft ohne Rücksicht auf den GFGH und gefährde das notwendige Zusammenspiel. Hinzukommen begrenzte Frachträume, Out-of-stock-Situationen, Wartezeiten und zum Teil fehlendes Leergut.
Die 502 Mitgliedsunternehmen des Bundesverbandes steigerten ihren Umsatz im Jahr 2017 um 2,1 Prozent auf 21,75 Mrd. Euro (Vorjahr 21,03 Mrd.) und erwirtschafteten damit über 80 Prozent des Gesamtumsatzes der rund 3.700 Betriebe zählenden Branche aller GFGH. Das Statistische Bundesamt verlautbarte demgegenüber für den gesamten GFGH ein nominales Plus von 0,9 Prozent. Die Ertragssituation der Verbandsmitglieder verbesserte sich deutlich von minus 1,8 Prozent im Jahr 2016 auf plus 1,45 Prozent im Jahr 2017. Die Durchschnittswerte können jedoch nicht die sehr unterschiedlichen Firmenkonjunkturen widerspiegeln, deren Angaben nach wie vor stark zwischen zweistelligen Plus- und Minuswerten schwanken.
Getränkefachmärkte unter Preisdruck des Einzelhandels und der Discounter
Für ihre rund 7.000 in Eigenregie betriebenen Getränkefachmärkte melden die Unternehmen mit 2,4 Prozent im Jahr 2017 ein ähnliches durchschnittliches Umsatzplus wie im Vorjahr (plus 2,2 Prozent). Die Gewinne gingen dagegen um 0,3 Prozent zurück, eine Folge der anhaltenden Aktionsstrategie des konkurrierenden Einzelhandels bei Bieren. „Nachdem die Aktionspreise für nationale Biermarken nach der Preiserhöhung Anfang 2018 weitgehend um einen Euro gestiegen waren, konterkariert der Einzelhandel und Discount neuerdings sogar in den Sommermonaten die Entwicklung beispielsweise mit Gratiszugaben von Six-Packs, sodass der Kastenpreis für eine Top-Pilsmarke etwa auf 7,50 Euro gestellt wird“, beklagt Guder eine bedenkliche Wettbewerbsentwicklung, die von den Brauereien mindestens geduldet oder gar gefördert würde.
2018 rechnen die Betriebe mit leichten Zuwächsen
Für das erste Geschäftshalbjahr 2018 äußern sich die Betriebe in der Konjunkturumfrage des Bundesverbandes verhalten optimistisch in Bezug auf die Umsatzerwartungen für den Getränkefachgroßhandel mit plus 1,7 und die Getränkefachmärkte mit plus 0,8 Prozent. „Die Entwicklung im zweiten Halbjahr wird davon abhängen, wie sich zum Beispiel Mehrkosten niederschlagen aufgrund der Einführung der Lkw-Maut auf Bundesstraßen seit 1. Juli 2018 und inwieweit unsere Mitgliedsunternehmen die personellen Herausforderungen meistern und dem anhaltenden Preis-Aktionismus entgegentreten“, erläutert Guder. Rund 50 Prozent rechnen mit Mehrbelastungen von 5.000 bis über 50.000 Euro pro Jahr allein wegen der Maut auf Bundesstraßen. Den engsten Flaschenhals gegen eine positivere Entwicklung sehen die Betriebe, neben der schwierigen Preissituation, in der Personalknappheit. Fast 50 Prozent der Unternehmen wollen neue Mitarbeiter einstellen. Dagegen steht ein Mangel an Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt vor allem in den Bereichen Logistik und Fahrer sowie Lager und Kommissionierung. „Trotz im Branchenvergleich guter Entlohnung scheuen viele die nicht zu leugnenden körperlichen Belastungen. Gesetzliche Reglementierungen wie Lenk- und Ruhezeiten oder die anspruchsvolle Berufskraftfahrerausbildung erschweren – bei aller gesetzlichen Berechtigung – die Rekrutierung neuen Personals“, ergänzt Dirk Reinsberg, Justiziar des Bundesverbandes, die Gründe für die gedämpften Erwartungen im laufenden Geschäftsjahr. Konsequenterweise werden auch der Fachkräftemangel (75 Prozent), die Margen- und Konditionenentwicklung (61 Prozent) und die Preispolitik der LEH und Discounter als die größten Herausforderungen benannt.
IT und Digitalisierung zunehmend gut aufgestellt
Infrastrukturell zeigen sich die Mitgliedsunternehmen zunehmend gewappnet, insbesondere für die digitalen Herausforderungen. Über 50 Prozent der Unternehmen melden: „Die Datenschutz-Grundverordnung erfüllen wir bereits jetzt oder in Kürze“, nicht zuletzt auch dank intensiver Verbandsunterstützung. Auch die Investitionsbereitschaft in die hauseigene IT mit fast 70 Prozent und in die Lagertechnik mit 43 Prozent lässt seit drei Jahren nicht nach. Entsprechend auch die Ergebnisse der Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen, nach denen über 52 Prozent beziehungsweise exakt die Hälfte ihren Internetauftritt aktiv für die Vermarktung nutzen beziehungsweise Social-Media-Aktivitäten unterstützen. Folgerichtig haben bereits bei 49 Prozent der Unternehmen die Kunden die Möglichkeit, neben Telefon, Fax oder E-Mail auch über den Online-Shop oder über Bestellplattformen zu ordern. Sehr unzufrieden äußern sich allerdings noch 35 Prozent der Mitglieder über zu langsame Internetverbindungen, bei denen sich entgegen politischer Absichtserklärungen zu fast 90 Prozent seit 2017 nichts zum Besseren geändert habe.
Getränkehersteller rationalisieren ihre Logistik unkooperativ
„Zurzeit suchen wir u.a. mit dem Deutschen Brauer-Bund das dringende Gespräch am Runden Tisch, um die von unseren Mitgliedern beobachteten Eskalationen zu beseitigen im Hinblick auf Lieferengpässe und die Zusammenarbeit bei der Abholung und Beladung“, berichten Guder und Reinsberg. Die Bedürfnisse der Mitgliedsunternehmen nach flexiblerer Abfertigung der Hersteller und damit auch der gerade saisonal schwankenden Konsumentennachfrage würden in kritischem Maße auf dem Altar der Optimierung unternehmenseigener Prozesse geopfert. Nach Ansicht des Verbandes bedarf es grundlegender Gedanken und Anpassungen für den Lieferverkehr in der Zukunft, wolle man die reibungslose Versorgung aller Marktbeteiligten mit den jeweils gewünschten Getränken nicht gefährden.
Aufs Tapet bilateraler Gespräche mit Herstellern gehöre auch die Entwicklung der Mehrwegquote bei Getränken, die zurzeit bei ca. 43 Prozent liegt. Im Verpackungsgesetz ist für den 1. Januar 2019 eine Zielquote von 70 Prozent verankert. „Ohne Sanktionen und verbindliche Konsequenzen bleibt dieses Gesetz ein Papiertiger“, schreibt der Verband. Der Marktanteil der Getränkedosen als ein treibender Faktor bei den Einweggebinden wachse entgegen der Rechtslage seit drei Jahren ebenso kontinuierlich weiter wie PET-Einweg.
Mehrweg ist Klimaschutz
Insofern bleibe die große Herausforderung für die GFGH und ihre Getränkefachmärkte der Kampf für das Getränke-Mehrwegsystem, das wegen des Vormarsches unökologischer Einwegflaschen immer weiter unter Druck gerät – nicht zuletzt aufgrund des wachsenden Dosenanteils. „Das Handling von Mehrweg, die Sortimentsbreite und -tiefe sowie qualifizierte Beratung gehören zu den Kernkompetenzen unserer Mitgliedsunternehmen und ihrer Märkte“, betont Günther Guder. Angesichts des jährlichen Verbrauchs von mehr als 17 Milliarden Einweg-Plastikflaschen und 2,9 Milliarden Dosen seien weitere politische Maßnahmen zur Förderung des Mehrwegsystems dringend nötig.
Mehrwegflaschen schonen demgegenüber natürliche Ressourcen, vermeiden Verpackungsmüll und tragen zum Klima- und Umweltschutz bei. Deutschland verfügt im Getränkebereich (noch) über das größte und vielfältigste Mehrwegsystem der Welt. Das sind die Kernbotschaften der Kampagne „Mehrweg ist Klimaschutz“. Gemeinsam mit mehr als 5.000 teilnehmenden Partnern informiert die aus dem Verband Privater Brauereien Deutschlands, dem Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels (BV GFGH), dem Verband des Deutschen Getränke-Einzelhandels (VDGE), der Stiftung Initiative Mehrweg (SIM), dem Verband Pro Mehrweg und der Deutschen Umwelthilfe (DUH) bestehende „Mehrweg-Allianz“ Verbraucher über die umweltschonenden Eigenschaften von Mehrwegflaschen. Ziel der Initiative ist es, Kunden zu einem umweltbewussten Kauf von Mehrwegflaschen und zum Verzicht auf umweltschädliche Getränkedosen und Einweg-Plastikflaschen zu bewegen. Die gesamte Mehrweg abfüllende Industrie sollte mit einer offensiveren Deklaration inklusive der Einbindung des Mehrwegzeichens diese Gebindeform unterstützen. Einige sehr positive Beispiele gibt es bereits. „Es wäre schön, wenn dies Schule machen würde“, so Guder.
Trotz des anhaltenden Preis- und Wettbewerbsdrucks von LEH und Discountern sehen Guder und Reinsberg immer wieder neue und aussichtsreiche Marktchancen für ihre Mitglieder. Das beweisen die ausgezeichneten Betriebe des vom Bundesverband und von Fachzeitschriften jährlich ausgerichteten Wettbewerbs „Deutschlands beste Getränkehändler“. Die individuellen Beratungs- und Sortimentsmöglichkeiten aufgrund der Fachkompetenz und der tiefen Produktkenntnisse der GFGH und ihrer Kundenbetreuer beflügele auch den anhaltenden Trend zu regionalen Marken und sogenannten Craft-Bieren. Dies sei eine weitere Basis für eine gesunde Wertschöpfung und die Aussicht, dem LEH und vor allem den Discountern im Wettbewerb um die Gunst der Konsumenten „Paroli zu bieten“.
Quelle/Bildquelle: Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels e.V. | bv-gfgh.de