Serhan „Papa Charly“ Kusaksizoglu und Peter Jauch über Luxus-Spirituosen in der Hotelbar
Wer über Luxus spricht, kommt früher oder später auf die Hotellerie. Was gibt es für wunderbare Häuser rund um den Globus! In dem einen oder anderen durfte ich auch schon Gast sein. Meistens waren wir auf einer Reise oder im Rahmen eines Projekts unterwegs. Immer war es ein besonderes Erlebnis, und meistens genossen wir einen Schlummertrunk in der Hotelbar.
Der nächste Gesprächspartner in meiner Interview-Reihe rund um das Thema der Luxus-Spirituosen ist seit 16 Jahren in der Hotelbar-Szene zuhause: Zunächst in München für die Rocco Forte Gruppe, später in Asien für die Shangri-La Group und inzwischen in Berlin für die Kempinski-Gruppe. Serhan Kusaksizoglu wird rund um den Globus nur „Papa Charly“ genannt. Er ist jemand, der genau weiß, wie eine gute Hotelbar zu funktionieren hat. Schließlich schreibt er seit Jahren Konzepte und setzt diese direkt um. Eines seiner Projekte, die Firefly Bar in Bangkok, hat es sogar in die Liste der 50 besten Bars Asiens geschafft.
Betrachtet man die Reisetätigkeit, zeigt sich, dass private Reisen ins Ausland in diesem Jahr erstmals wieder das Niveau von 2019 übersteigen. Bei den geschäftlichen Reisen ist das jedoch noch nicht ganz der Fall, denn einerseits haben Großkonzerne teilweise Reisen komplett gestrichen, andererseits ist die Akzeptanz digitaler Meetings gestiegen. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass die Menschen wieder reiselustig sind. Gespannt warten wir auf das kommende Jahr.
Nach dem Auftakt mit Thorsten Husmann zu dieser Luxus-Spirituosen-Serie ist „Papa Charly“ ein perfekter Gesprächspartner, denn er arbeitet seit Jahrzehnten mit diesen edlen Tropfen.
Peter Jauch: Stell Dich bitte kurz vor.
„Papa Charly“: Mein Name ist Serhan Kusaksizoglu, kurz: Charly. Viele kennen mich einfach als „Papa Charly“, ein Spitzname, den ich schon seit vielen Jahren trage. Ich arbeite seit vier Jahren als Corporate Director für die Kempinski-Gruppe und bin weltweit für Bars und Konzepte verantwortlich.
Zuvor war ich elf Jahre in Hongkong und hatte dort dieselbe Position für die Shangri-La Hotelgruppe inne. Davor war ich in München bei Rocco Forte und davor elf Jahre bei Schumann’s Bar in München. Ich habe eine Ausbildung zum Hotelfachmann gemacht, aber meine große Leidenschaft waren immer die Bars, weshalb ich in diesem Bereich geblieben bin.
Ich arbeite derzeit in Berlin, leite aber von hier aus weltweit alle Bar- und Konzeptentwicklungen in den Hotels, einschließlich neuer Eröffnungen und Innovationen. Ich bin viel unterwegs und selten in Berlin, aber das gehört dazu.
„Eine Luxus-Spirituose ist etwas Spezifisches, das es nicht überall gibt.“ – Serhan „Papa Charly“ Kusaksizoglu
Peter Jauch: Wenn Du Dir all die Barkonzepte anschaust, ist Spirituose ein elementares Thema für Dich. Was ist für Dich eine Luxus-Spirituose?
„Papa Charly“: Eine Luxus-Spirituose ist etwas Spezifisches, das es nicht überall gibt, wie beispielsweise Single Malt Whiskys oder eine besonders auserlesene neue Spirituose. Es könnte ein besonderer Gin, Mezcal oder ein Rum sein, den nicht jeder in seinem Regal hat.
Das macht für mich den Luxus aus – etwas, worauf die Gäste besonders anspringen. Ein aktueller Trend ist zum Beispiel eine bestimmte blaue Flasche, der Clase Azul Tequila Reposado. Solche Produkte werden in den Bars nicht nur als Staubfänger genutzt, sondern tatsächlich von den Gästen bestellt.
Peter Jauch: Wo beginnt der Preis für eine Luxus-Spirituose bei Euch?
„Papa Charly“: Der beginnt bei etwa 50 Euro pro Glas und geht dann aufwärts.
Peter Jauch: Wenn Du ein Konzept erstellst, geht es da hauptsächlich um das Visuelle oder auch darum, welche Zielgruppe angesprochen werden soll und welche Spirituosen ausgewählt werden? Sind die Luxus-Spirituosen in jedem Haus gleich oder sehr individuell?
„Papa Charly“: Das ist sehr individuell und hängt von der Stadt und dem Land ab. Wenn in einer bestimmten Region kein Markt für solche Spirituosen existiert, macht es keinen Sinn, sie anzubieten. In Metropolen wie Hongkong, Bangkok, Singapur oder Zürich gibt es die Nachfrage und die Möglichkeiten, solche Produkte ins Konzept zu integrieren. In kleineren Städten, besonders in Europa oder China, ist das jedoch oft nicht der Fall.
„Wenn in einer bestimmten Region kein Markt für solche Spirituosen existiert, macht es keinen Sinn, sie anzubieten.“ – Serhan „Papa Charly“ Kusaksizoglu
Peter Jauch: Wo siehst Du die größten Potenziale für diese Kategorie?
„Papa Charly“: Das Potenzial liegt meiner Meinung nach in Nischenmärkten, die nicht unbedingt als Nische wahrgenommen werden sollten. Es gibt zum Beispiel spezielle Gins aus London, wie etwa einen Gin eines berühmten Fotografen, der über 250 Euro kostet. Solche Marken schaffen es, sich durch ihre Einzigartigkeit und das Marketing durchzusetzen. Ähnliches gilt für besondere Editionen von Whiskys, Rums und Agave Spiritousen die sich in bestimmten Märkten gut verkaufen. Es hängt immer stark von der Region und der Nachfrage ab, ob solche Produkte erfolgreich sind.
Peter Jauch: Denkst Du, dass solche Luxusspirituosen auch in einer Hotelbar funktionieren können?
„Papa Charly“: Das kommt auf das Hotel und die Zielgruppe an. In einem Hotel, das Zimmerpreise von 3.000 bis 5.000 Dollar pro Nacht hat, wie beispielsweise manche Hotels in Dubai und dem Mittleren Osten, kann man solche Produkte erfolgreich anbieten. In einer normalen Hotelbar wird man vielleicht ein- oder zweimal im Jahr eine solche Flasche verkaufen.
Peter Jauch: Wie sieht es mit dem asiatischen Markt aus? Hat Cognac dort noch Potenzial?
„Papa Charly“: Der Cognac-Markt in Asien ist rückläufig. Cognac wird oft von älteren Männern getrunken, und das ist in Asien ein schwieriger Markt. Whisky, insbesondere japanischer Whisky, und Gin sind dort viel begehrter.
Peter Jauch: Gibt es dominante Marken oder Hersteller, die das Luxus-Segment weltweit dominieren?
„Papa Charly“: Japanische Whiskys sind definitiv dominant, besonders Marken wie Yamazaki. Es gibt aber auch einzelne Bourbon, Tequila und Mezcal Marken, die weltweit sehr begehrt sind.
Peter Jauch: Welche Marken habt ihr in Euren Bars, die zum Luxus-Segment zählen?
„Papa Charly“: Wir haben eine Vielzahl von Spirituosen in unseren Bars, darunter auch viele kleinere, spezialisierte Marken. Es ist uns wichtig, eine gute Mischung aus Mainstream- und Boutique-Spirituosen anzubieten, um unseren Gästen eine breite Auswahl zu bieten.
„Es ist uns wichtig, eine gute Mischung aus Mainstream- und Boutique-Spirituosen anzubieten, um unseren Gästen eine breite Auswahl zu bieten.“ – Serhan „Papa Charly“ Kusaksizoglu
Peter Jauch: Glaubst Du, dass künstliche Intelligenz, Blockchain oder NFTs einen Einfluss auf das Luxus-Spirituosen-Segment haben werden?
„Papa Charly“: Das ist schwer zu sagen, da ich mich in diesen Bereichen nicht so gut auskenne. Aber ich denke, der Einfluss könnte eher begrenzt sein.
Peter Jauch: Wie siehst Du das Thema der grauen Märkte, in denen Produkte in andere Länder verkauft werden als ursprünglich vorgesehen?
„Papa Charly“: Das ist definitiv ein Problem, das wir nicht vollständig kontrollieren können. Es passiert nicht nur bei Spirituosen, sondern auch bei Zigarren, die zum Beispiel oft nach Asien verkauft werden. Leider kann man diese Handelswege kaum kontrollieren.
Peter Jauch: Ist Nachhaltigkeit für Spiritousen ein Thema, das Eure Gäste interessiert?
„Papa Charly“: Ich glaube nicht, dass der normale Gast großen Wert darauf legt, ob eine Spirituose nachhaltig produziert wurde. Es ist eher ein Thema, das von den Leuten hinter der Bar und den Produzenten selbst vorangetrieben wird. Der Gast bestellt einfach das, was ihm schmeckt.
Peter Jauch: Gibt es neue aufstrebende Märkte, in denen Luxus-Alkohol-Produkte an Bedeutung gewinnen?
„Papa Charly“: Ich denke, Afrika und der Mittlere Osten könnten die nächste Regionen werden, auf dem sich Luxus-Spirituosen etablieren. Dort gibt es einige aufstrebende Märkte mit wachsender Nachfrage.
„Ich denke, Afrika und der Mittlere Osten könnten die nächste Regionen werden, auf dem sich Luxus-Spirituosen etablieren.“ – Serhan „Papa Charly“ Kusaksizoglu
Peter Jauch: Wie beeinflusst der Onlinehandel das Luxus-Spirituosen-Segment?
„Papa Charly“: Für Hotels hat der Onlinehandel weniger Bedeutung, da wir in der Regel über Händler einkaufen. Für Privatpersonen ist der Onlinekauf jedoch sehr attraktiv, da man schwieriger zu findende Produkte bequem nach Hause bestellen kann.
Peter Jauch: Gibt es innovative Marketingstrategien, die du für erfolgreich hältst?
„Papa Charly“: Ja, das Einbinden von Celebritys in die Marke ist oft ein Selbstläufer. Die Storyline, das Visuelle und die Präsentation spielen eine große Rolle. Wenn man dann noch bekannte Persönlichkeiten an seiner Seite hat, läuft das Produkt fast von allein.
Peter Jauch: Gibt es etwas, das Du noch hinzufügen möchtest?
„Papa Charly“: Ja, eine Luxus-Spirituose muss auch optisch überzeugen. Viele große Firmen machen den Fehler, die Flaschenformen und Etiketten zu modernisieren, was oft nicht gut ankommt. Die Menschen schätzen immer noch das klassische, vintage-inspirierte Design. Das macht für mich den Unterschied aus und ist ein Grund, warum sich manche Luxus-Spirituosen nicht so gut verkaufen.
Mehr von Peter Jauch
„Jauch’s 5“ ist die Kolumne auf about-drinks. Peter Jauch rückt in jedem Artikel 5 Hauptdarsteller in den Fokus – mal sind es Gins, mal Drinks, Bars, Restaurants, Events oder andere Spirituosen. Peter Jauch ist Autor von „GIN – Das Buch“ und Gründer von about GIN TONIC. Er ist Speaker und Host verschiedener Gin-Erlebnisse (Tastings, Festivals, Dinners). Zudem gründete er das „GIN Erlebnis Festival“, das „about spirits Festival“ und schrieb das Konzept für die „GIN church“ Zürich. Weitere Infos über ihn gibt’s unter aboutgintonic.com. Das Video-Interview mit ihm findet man hier.
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