Christian Böhler Formflaschen
Gastbeitrag

Rechtsanwalt Dr. Christian Böhler: Die neue EU-Verpackungsverordnung – das Ende der Formflasche

Am 22. Januar 2025 veröffentlichte die Europäischen Union in ihrem Amtsblatt die Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle (VO (EU) Nr. 2025/40). Kurz PPWR (Packaging and Packaging Waste Regulation) genannt. Sie tritt bereits am 9. Februar 2025 in Kraft und wird ab dem 12. August 2026 in den Mitgliedsstaaten gelten. Es ist höchste Zeit, sich mit der PPWR zu befassen, läutet sie doch das Ende der Formflasche und eine Zäsur der bisherigen Verpackungskultur ein.

Überblick

Die PPWR wurde als Teil des europäischen Green Deals entwickelt und soll Verpackungen und Verpackungsmüll reduzieren und die Recyclingfähigkeit stärken. Die Verordnung gilt für alle Verpackungen (materialunabhängig) und für alle Verpackungsabfälle ungeachtet der Tatsache, wo diese anfallen (Art. 2 Abs. 1).

Als Verordnung gilt die PPWR unmittelbar in der EU und bedarf, anders als eine Richtlinie, keiner Umsetzung durch die Mitgliedsstaaten. Gemäß der PPWR dürfen Verpackungen nur noch in Verkehr gebracht werden, wenn sie der Verordnung entsprechen (Art. 4 Abs. 1).

Dreh- und Angelpunkt der PPWR ist indes Artikel 10, der mit „Minimierung von Verpackungen“ überzeichnet ist und eine erhebliche Zäsur für die bisherige Verpackungskultur bedeuten dürfte.

Minimierung von Verpackungen

Kernziel der Verordnung ist die Reduzierung von Verpackungen und Verpackungsabfällen. Hierzu gibt Artikel 10 PPWR ab dem 1. Januar 2030 vor, dass Erzeuger oder Importeure Verpackungen in der EU nur noch dann in Verkehr bringen dürfen, wenn Gewicht und Volumen der Verpackung auf das zur Gewährleistung ihrer Funktionsfähigkeit erforderliche Mindestmaß reduziert sind. Die Formflasche hat ein Ablaufdatum – den 1. Januar 2030.

Stilelemente, wie dicke Glasböden, lange Flaschenhälse, Hohlböden oder Reliefs sind nur dann zulässig, wenn sie das für die Funktionsfähigkeit erforderliche Mindestmaß darstellen. Hierbei stellt die PPWR allein auf die Funktionsfähigkeit als Verpackung ab. Stilistische, ästhetische oder verkaufsstrategische Aspekte spielen für diese Beurteilung keine Rolle.

„Stilistische, ästhetische oder verkaufsstrategische Aspekte spielen für diese Beurteilung keine Rolle.“

Die vorgenannten typischen Merkmale von Glasverpackungen, wie sie besonders von der Alkoholwirtschaft verwendet werden, dürften wohl nur selten aus funktionstechnischen Gründen zwingend erforderlich sein. Hohlböden werden sich etwa bei Schaumweinen aufgrund des Innendrucks rechtfertigen lassen. Für Weine und Spirituosen wird dies allerdings nicht gelten.  Die Schaumweinindustrie wird sich aber fragen müssen, ob und wie sich gerade die für bspw. Champagner üblichen Kartonverpackungen rechtfertigen lassen und ob diese wirklich zum Zwecke der Funktionsfähigkeit erforderlich sind.

Auch hinsichtlich anderer Branchen stellt Anhang I PPWR klar, dass auch „Schachteln für Süßigkeiten“ sowie die „Mascara-Bürste, die Teil des Behälterverschlusses ist“ als Verpackung gelten und somit der Minimierungsvorgabe unterliegen. Auch das klassische Konzept einer Pralinenschachtel dürfte somit auf dem Prüfstand stehen.

„Marketing-Texte oder Markenzeichen müssen im Zweifel weichen.“

Aber selbst die Getränkehersteller, die keine Formflaschen oder Kartonverpackungen verwenden, werden spätestens dann hellhörig, wenn Anhang I Buchst. B zur Sprache kommt.  Dieser ordnet auch „Etiketten, die direkt auf einem Produkt angebracht oder daran befestigt sind“ als Verpackungen im Sinne der PPWR ein. Es ist somit zu fragen, ob eine Flasche mehrere Etiketten braucht oder ob nicht eines genügt. Häufig wird ein Etikett genügend Platz für die Pflichtkennzeichnung bieten. Marketing-Texte oder Markenzeichen müssen im Zweifel weichen.

Versandverpackungen sollten ebenfalls im Blick behalten werden. Auch hier gilt das Minimierungsziel. Gerade der Versandhandel wird hier mit erheblichen Umstellungen zu kämpfen haben.

Dokumentationspflichten

Der Verordnungsgeber beschränkt sich in der PPWR selbstverständlich nicht allein auf die Anordnung des Minimierungsziels. Die Umsetzung ist seitens der Erzeuger oder Importeure auch bzgl. jedes Verpackungstyps zu dokumentieren. Anhang VII PPWR verpflichtet zur Erstellung einer technischen Dokumentation, die die Konformität der Verpackung mit den Vorgaben der PPWR zu bewerten hat und schreibt Erzeugern vor für jede Verpackungsart eine schriftliche Konformitätserklärung zu erstellen.

Strafen und Sanktionen

Ferner haben Mitgliedstaaten bis zum 12. Februar 2027 Sanktionsvorschriften zu erlassen. Darüber hinaus kann der Vertrieb nicht verkehrsfähiger Verpackungen wohl auch als unlautere Geschäftspraxis nach dem UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) untersagt werden.

Ausnahmen und Auswege

Ausnahmen vom Minimierungsziel sieht Art. 10 Abs. 2 PPWR nur für geografische Angaben, Marken oder Gemeinschaftsgeschmacksmuster vor. Eine Formflasche bleibt also von der PPWR nur dann unberührt, wenn Sie etwa einen „Scotch Whisky“ enthält, ein „normaler“ Whisky genügt nicht, als dreidimensionale Marke geschützt ist oder als Gemeinschaftsgeschmacksmuster eingetragen wurde.

Mit Blick auf das Inkrafttreten der PPWR am 9. Februar 2025 kann seitens der Hersteller nur noch versucht werden, den Schutz als Gemeinschaftsgeschmacksmuster zu erreichen. Dieser lässt sich nach formaler Prüfung durch das Amt in der Regel in wenigen Tagen erzielen. Fraglich bleibt allerdings, ob für die Ausnahme die Anmeldung als Gemeinschaftsgeschmacksmuster genügt oder ob es hierfür auch einer Eintragung bedarf. Jedenfalls sollte sich schnell entscheiden werden, da sich auch dieser Ausweg am 9. Februar 2025 schließt.

Über Christian Böhler

Dr. Christian Böhler ist Senior Associate in der International Dispute Resolution Praxisgruppe von Squire Patton Boggs (US) LLP in Frankfurt. Er hat sich auf die Bereiche Commercial und IP Litigation, Wettbewerbs- und Lebensmittelrecht spezialisiert. Sein Branchenfokus liegt auf Konsumgüterherstellern mit einem Schwerpunkt im Food&Drinks Sector. Christian Böhler berät zudem nationale und internationale Mandanten in Vertriebs- und Markenangelegenheiten, beim Aufbau von Marken, der Kennzeichnung von Produkten, sowie allen damit zusammenhängenden Rechtsstreitigkeiten.

Bild Dr. Christian Böhler: Copyright Aspose Pty Ltd.
Bild Flaschen: ©Nemanja – stock.adobe.com

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