Henkell Freiexenet Interview
Recruiting, Arbeitsmodelle, Benefits

„Jeder kann seine Ideen einbringen“: Lucia Kloess und Clara Schelbert über Henkell Freixenet

Was zeichnet erfolgreiche Arbeitgeber aus? Wo liegen ihre Stärken? Welche zeitgemäßen HR-Prozesse bieten sie an? Die Digitalisierung und der demographische Wandel haben in den letzten Jahren neue Herausforderungen, aber auch große Chancen hervorgebracht. In unserer neuen Interviewreihe sprechen wir mit Personalentscheidern und HR-Verantwortlichen aus der Getränkebranche über aktuelle Themen.

Als weltweit führender Produzent von Schaumweinen ist Henkell Freixenet in 150 Ländern aktiv und in 30 Ländern mit Tochterunternehmen vertreten. Insgesamt arbeiten ca. 3.500 Mitarbeitende für die Unternehmensgruppe, davon rund 670 in Deutschland. Am Hauptsitz in Wiesbaden ist Lucia Kloess (links im Titelbild) Abteilungsleiterin im Personal für die Business Partner. Clara Schelbert (rechts im Titelbild) ist Junior Personalreferentin und für den gewerblichen Bereich verantwortlich. Mit ihnen haben wir im Interview über Veränderungen im HR-Bereich, das Recruiting und den Bewerbermarkt sowie Arbeitsmodelle und Benefits gesprochen.

Bitte stellen Sie sich und Ihren Werdegang kurz vor. Seit wann sind sie für Henkell Freixenet tätig?

Lucia Kloess: Mein Name ist Lucia Kloess, ich bin 31 Jahre alt. Ich habe ursprünglich eine Ausbildung zur Personaldienstleistungskauffrau in meinem „Leben vor Henkell“ gemacht – bei Hyatt, also im Hotelkonzern.

Nach der Ausbildung habe ich dann bei Henkell Freixenet – bzw. damals noch Henkell – als Assistenz der Personalleitung angefangen, war danach Junior Referentin und Referentin. Jetzt bin ich seit rund zwei Jahren Abteilungsleiterin im Personal für die Business Partner. Dort kümmere ich mich momentan vor allen Dingen um die strategische Weiterentwicklung des Bereichs sowie um die Führung und Entwicklung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

Clara Schelbert: Ich bin Clara Schelbert, ebenfalls 31 Jahre alt. Ich arbeite seit drei Jahren bei Henkell Freixenet. Ich habe bei Eckes-Granini eine Ausbildung zur Industriekauffrau gemacht. Ich bin dem Flüssigen also treu geblieben, bin aber dann vom Saft zum Sekt zu Henkell Freixenet – quasi in die „Erwachsenen-Sparte“ gewechselt.

Ich bin vor allem verantwortlich für den gewerblichen Bereich, also alles, was die Produktion betrifft. Meine Aufgaben fangen beim Recruiting an und hören beim Austritt eines Mitarbeitenden auf. Alles, was dazwischen passiert, z.B. auch arbeitsrechtliche Fälle, gehören zu meinen Aufgaben.

Das bekannte Henkell Haupthaus in Wiesbaden.

Wie hat sich der Personalbereich bei Henkell Freixenet in den letzten beiden Jahren verändert?

Lucia Kloess: Wir haben große Schritte im Thema Digitalisierung gemacht. Das hatten wir allerdings schon angedacht, bevor die Krise uns eingeholt hat. Wir haben eine digitale Personalakte eingeführt, vor zwei Jahren hatten wir noch komplette Papierakten im Schrank. Die sind nun alle digitalisiert. Das macht uns jetzt in der hybriden Welt das Arbeiten sehr viel leichter.

Gleichzeitig ist viel bei der Prozessoptimierung passiert. In der hybriden Arbeitswelt haben wir schnell gelernt, unsere Prozesse digital abzubilden, der neuen Situation anzupassen und sie schneller und effektiver zu machen. So ist gewährleistet, dass niemand einen Nachteil hat, wenn er aus dem Home-Office arbeitet. Mit der altertümlichen Befürchtung, dass jemand im Home-Office nicht so effektiv arbeitet wie jemand im Büro, haben wir damit auch direkt aufgeräumt.

Unsere Abteilung ist bei alldem „vom Verwalter zum Gestalter“ geworden: Wir treiben Veränderungsprozesse voran und wirken aktiv dort mit. Wir sorgen dafür, dass jeder die Umgebung und den Lifestyle bekommt, mit dem er am besten bei Henkell Freixenet arbeiten kann.

Was hat sich speziell im Bereich des Recruitings durch die Digitalisierung geädert?

Clara Schelbert: Wir nutzen ein Bewerber-Managementsystem, das wir auch schon vor der Pandemie hatten. Das erleichtert uns die Kommunikation mit den Bewerbern immens. Auch während Corona hat uns das sehr geholfen. Wir haben alle Vorstellungsgespräche komplett digital geführt, dafür haben wir auf Microsoft Teams umgeswitched und nutzen das Programm seitdem immer für das erste Vorstellungsgespräch.

Das möchten wir auch gerne so beibehalten, dass wir die erste Gesprächsrunde digital durchführen – das ist einfach auch ein Zeitthema. Das zweite Gespräch bleibt dann aber in Präsenz, damit man sich einmal kennenlernt, den möglichen Arbeitsplatz zeigt und den potenziellen Kollegen „live“ erlebt.

Generell haben sich durch die Digitalisierung auch die Wege des Recruitings geändert. Auch hier nutzen wir ein hybrides System: Wir als Arbeitgeber müssen sichtbar sein auf dem Markt. Das bedeutet für uns auf der einen Seite z.B. die Suche über Social Media, auf der anderen Seite weiterhin auch über die klassischen Formen wie z.B. Messeauftritte.

Der von vielen TV-Spots und Events bekannte Marmorsaal im Wiesbadener Haupthaus.

Wie hat sich der Bewerbermarkt verändert?

Lucia Kloess: Wenn man ein paar Jahre zurückschaut, dann war es ein reiner Arbeitgebermarkt. Das heißt, dass sich die Arbeitgeber ihre Mitarbeitenden mehr oder weniger aussuchen konnten. Das kehrt sich gerade in einer unglaublichen Schnelligkeit um – hin zum Bewerbermarkt. Also müssen wir uns als Unternehmen mehr oder weniger bei den potenziellen Mitarbeitenden bewerben.

Das passiert zum Beispiel durch Ads auf Social Media – also da, wo die Leute sowieso unterwegs sind. Weil wir uns nicht mehr darauf verlassen können, dass Bewerber aktiv nach Stellenanzeigen suchen. Die Digitalisierung hilft uns auf jeden Fall dabei, diese potenziellen Bewerber zu erreichen. Wir gehen also sehr viel offensiver an die Sache ran.

Welche Maßnahmen setzen Sie beim Recruiting ansonsten aktuell um?

Lucia Kloess: Wir haben Initiativen gestartet. Zum Beispiel leitet Clara Schelbert gerade das Projekt „Recruiting 2022“, wo wir uns eben genau darum kümmern und sagen „Okay, wo stehen wir gerade? Was sind die Herausforderungen? Wie können wir reagieren? Was sind so die Benchmarks? Was machen die Global Player, um die Leute zu bekommen?“

Das trägt dazu bei, dass wir uns als Personalabteilung und als Unternehmen hinterfragen müssen und eben auch neue Sachen ausprobieren können. Es bedeutet nicht, dass man stehengeblieben wäre in diesem Thema. Es ist aber Usus, dass da ein Change stattfindet und dass die jeweils neuen Generationen, die auf den Werbemarkt kommen, auch wieder neue Anforderungen stellen. Und jede Krise, ob das dann eine Finanzkrise oder eine Pandemie ist, verändert den Bewerber und den Mitarbeiter – und damit eben auch die Ansprüche an den Arbeitgeber.

Die Sektmanufaktur in Wiesbaden.

Alles ist im Wandel – auch die Arbeitsmodelle. Welche nutzen Sie?

Lucia Kloess: Wir haben eine Betriebsvereinbarung zum mobilen Arbeiten geschlossen. Diese legt die Möglichkeit sehr offen: Alle Mitarbeitenden im kaufmännischen Bereich, die einen Büroarbeitsplatz haben, können mobil arbeiten.

Die Regelung ist keine harte – wir sagen nicht „alle Mitarbeiter dürfen oder müssen x Tage“, sondern es ist ein hybrides Modell. Und das wird immer individuell mit der jeweiligen Führungskraft abgesprochen. Individuell deshalb, weil die Vorgesetzten einfach am nächsten dran sind.

Im gewerblichen Bereich ist Home-Office meist nicht möglich. Werden diese Mitarbeitenden in irgendeiner Form anders „entschädigt“?

Clara Schelbert: Ja genau. Für diejenigen, die im gewerblichen Bereich arbeiten und z.B. an den Maschinen stehen, ist das leider nicht umsetzbar. Da schauen wir , dass wir andere Benefits bieten, um das auszugleichen.

Die Kollegen und Kolleginnen im gewerblichen Bereich arbeiten in den meisten Fällen im Zweischichtbetrieb – in Ausnahmefällen auch mal in drei Schichten, je nach Auftragslage. Und da schauen wir dann eben, dass wir möglichst flexibel z.B. die Schichtmodelle gestalten, dass die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Wünsche abgeben können, welche Schicht mit dem privaten Umfeld am besten vereinbar ist. Wir sind sehr offen, was Urlaubswünsche angeht, und schauen, dass wir diese möglichst wie gewünscht umsetzen.

Wir möchten auch hier Flexibilität reinbekommen – obgleich die zugegebenermaßen natürlich sehr viel geringer ist als im kaufmännischen Bereich, bedingt durch die Aufgaben.

Das Team beim Strong Viking.

Wie wichtig denn solche Dinge wie Corporate Benefits für Arbeitnehmer?

Lucia Kloess: Wir achten darauf, dass wir in diesem „War for Talents“ auch und gerade durch solche Themen überzeugen können. Mit dem Gehalt kann man immer das eine oder andere Argument auf den Tisch legen. Aber es gibt auch Generationen, vor allem – das merken wir – die aktuelle zwischen 18 und 35, die nicht mehr nur nach dem Gehalt entscheidet, sondern den Fokus anders setzt.

Ein großes Thema ist Home-Office. Ich kann mich in den letzten zwei Jahren an kein Vorstellungsgespräch im kaufmännischen Bereich erinnern, wo nicht danach gefragt wurde. Das ist mittlerweile absolute Voraussetzung.

Ansonsten kommen immer viele Fragen nach flexiblen Arbeitszeiten oder nach Fortbildungen. Gerade die Generation, die jetzt auf den Arbeitsmarkt kommt, möchte wissen, wie die Entwicklungschancen aussehen. Da haben wir als internationale Unternehmensgruppe mit zahlreichen internationalen Standorten den Vorteil, dass wir in der Entwicklung auch international denken können.

Ansonsten bieten wir die klassischen Corporate Benefits an, z.B. zahlen wir einen Fahrgeldzuschuss, wir haben eine Kantine hier am Standort in Wiesbaden, so dass sich niemand um sein Mittagessen Gedanken machen muss. Dort bieten wir jeden Tag drei Gerichte, eins davon vegetarisch, plus Salatbar. Es gibt verschiedene Gesundheitsmaßnahmen: Wir haben zweimal im Jahr einen Gesundheitstag mit wechselnden Angeboten – mal mit einem psychischen Schwerpunkt, mal mit dem Schwerpunkt auf Rücken, Gelenken usw. Dann haben wir Sportangebote: Es gibt eine Soccer-Mannschaft und es gibt einen Lauftreff. Wir nehmen mindestens an einer Lauf-Veranstaltung pro Jahr teil. Dieses Jahr waren wir mutig und haben beim „Strong Viking“ mitgemacht.

Wir haben seit 2019 ein Kultur-Team mit Vertretern aus verschiedenen Fachbereichen, um den Mitarbeitenden bei solchen Dingen eine Stimme zu geben. Die sind im direkten Austausch mit der ersten Management-Ebene, um eben die Themen, die aus der Belegschaft kommen, auch zu platzieren und umzusetzen.

Also werden alle mit einbezogen und es wir nicht „top down“ von oben vorgegeben?!

Clara Schelbert: Absolut! Jeder, der Ideen hat, kann diese anbringen. Und viele davon kommen dann auch aus dem Unternehmen in die Umsetzung.

Und wir dürfen nicht vergessen, wir feiern auch miteinander. Das haben wir in den letzten beiden Jahren zwar fast ein bisschen verlernt, aber das „Celebrate Life“ versuchen wir hier auch zu leben. Gemeinsam mit kleinen, aber auch großen nationalen und internationalen Events.

Und es gibt auch schöne Mitarbeiter-Rabatte für die eigenen Produkte. Wir haben einen richtig coolen Shop hier, wo es Produkte aus der ganzen Welt, aus der gesamten Gruppe gibt. Den Shop in Wiesbaden kann man aber auch als Externer nutzen. Gerne also mal besuchen!

Diese Dinge zahlen auch auf die Themen Work-Life-Balance und Stressmanagement ein. Was machen Sie in diesem Bereich sonst noch?

Clara Schelbert: Wir haben Kooperationen mit Fitnessstudios hier in der Umgebung. Da können Mitarbeitende zu günstigen Konditionen trainieren. Es gibt den besagten Lauftreff, der einmal die Woche stattfindet, das Fußballteam und auch die Gesundheitschecks, die wir im Rahmen der Gesundheitstage allen Mitarbeitenden anbieten. Durch den Betriebsarzt gibt es auch immer wieder Vorsorgeuntersuchungen.

Da geht es mehr um das körperliche Wohlergehen. Wir kooperieren seit 2020 mit einem Familien-Dienstleister, der vor allem darauf schaut, die psychische Gesundheit von Mitarbeitenden zu unterstützen. Das heißt, man kann sich dort als Mitarbeiter oder Mitarbeiterin, aber auch als Familienangehöriger melden – auch anonym. Es ist möglich, dort zu verschiedenen Themen Spezialisten anzurufen, Termine zu vereinbaren. Das geht von „Ich brauche eine Kinderbetreuung“ über „Ich brauche Unterstützung bei der Beantragung von Pflegegeld für meine Großeltern“ bis hin zu „Ich brauche einen Therapieplatz“. Hier ist die Resonanz von den Mitarbeitenden wirklich sehr gut.

Lucia Kloess: Zusätzlich bieten wir seit 2021 ein Eltern-Kind-Büro im Unternehmen an und haben eine Kooperation mit einer Kindertagesstätte, die hier direkt in der in der Nähe ist.

Auch Corona war und ist noch immer Thema. Wir haben von Anfang an ganz eng und fast täglich mit den Mitarbeitenden kommuniziert. So dass vielen die Unsicherheiten genommen wurden. Wir haben sehr früh Sprechstunden mit Ärzten gemacht, haben vier oder fünf Impfdurchgänge angeboten – auch für Familienmitglieder. Wir bieten noch immer kostenlose Tests und Masken, jeder Mitarbeitende hat einen CO2-Melder auf dem Schreibtisch, um die Luftqualität zu checken. Das war und ist für uns alles selbstverständlich.

Dadurch haben wir von vielen zurückgespielt bekommen, wie gut sich gekümmert wurde und wie gut aufgehoben man sich hier fühlte und fühlt. Und dank unserer Mitarbeitenden haben wir als Unternehmen die Coronakrise gemeinsam bisher dankenswerterweise auch sehr gesund überstanden. Da ist es doch umso schöner, wenn man als Unternehmen auch etwas in Form von Benefits, Vertrauen und Wertschätzung zurückgeben kann!

Das Eltern-Kind-Büro.

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+++ Wir bedanken uns bei Lucia Kloess und Clara Schelbert für das offene und sehr interessante Interview! Was zeichnet Sie als Arbeitgeber aus? Wo liegen Ihre Stärken? Welche zeitgemäßen HR-Prozesse bieten Sie? Wenn auch Sie Ihre Konzepte und Maßnahmen vorstellen möchten, dann sollten wir uns unterhalten. Senden Sie uns einfach eine E-Mail mit dem Betreff „HR-Interview“ an redaktion@about-drinks.com – wir freuen uns auf Ihren Kontakt! +++

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