Inklusionsaktivist Raul Krauthausen ist neues Konterfei auf dem Bio-Hellen von Quartiermeister
Der Autor, Podcaster und Aktivist Raúl Aguayo-Krauthausen ziert ab Mai das Bio-Helle der gemeinwohlbilanzierten Biermarke Quartiermeister. Das Kreuzberger Sozialunternehmen möchte damit für mehr Sichtbarkeit rund um das Thema Inklusion und kulturelle Teilhabe im Kiez werben. Neben der Änderung des Etiketts, wirft Quartiermeister einen kritischen Blick nach innen und möchte eigene Barrieren senken. Zudem vergibt das Sozialunternehmen mobile Rampen an seine Gastrokund*innen. Am 7. Mai – im Zuge der internationalen Protestwoche von Menschen mit Behinderung – wird das neue Bier mit einer Lesung und Diskussion feierlich im Aquarium (Nähe Kottbusser Tor) gelauncht.
Menschen mit Behinderung bilden mit 1,2 Milliarden Menschen weltweit die “größte Minderheit”. Ein Großteil dieser Menschen ist nicht mit Behinderung geboren, sondern erwirbt sie im Laufe ihres Lebens. Das unterscheidet dieses Diskriminierungsmerkmal deutlich von anderen. Und dennoch taucht das Thema Inklusion im Vergleich zu anderen Teilhabe-Dimensionen deutlich weniger im gesellschaftlichen Diskurs auf. Dass sich daran etwas ändert und schon geändert hat, ist auch der Verdienst des umtriebigen Aktivisten Raul Krauthausen.
Mit seinem Spiegel Beststeller „Wer Inklusion will, findet einen Weg. Wer sie nicht will, findet Ausreden“ bereitet er das Thema einem breiten Publikum auf. Anhand konkreter Beispiele (Bildungssystem, Arbeitsmarkt, Kulturbetrieb etc.) stellt er immer wieder praktisch dar, wie unsere Gesellschaft Inklusion aktuell verhindert, aber auch durch welche Maßnahmen sie ermöglicht werden kann. Mit seinem 2004 gegründeten Verein SOZIALHELD*INNEN senkt er lösungsorientiert Barrieren des Alltags und berät Unternehmen, Behörden und Medienmacher*innen dabei, ihre Angebote inklusiver zu gestalten. Aktuell tourt er mit seinem neuen Kinderbuch „Als Ela das All entdeckte“ durch Deutschland.
Echte Engagierte auf den Quartiermeister Flaschen
Doch was bewegt ihn nun, auf einer Bierflasche zu erscheinen? Raul Krauthausen kennt die Gründungsgeschichte des Sozialunternehmens Quartiermeister persönlich und seit Anbeginn. Damals (noch in Form eines Vereins), förderten Studierende mit den Erlösen aus dem Bierverkauf in Kreuzkölln soziale Projekte. Die Idee dahinter: Eine Wirtschaft zu etablieren, von der nicht Einzelne, sondern sozial Engagierte profitieren. Neben der Umverteilung seiner wirtschaftlichen Erlöse präsentiert Quartiermeister (seit 2021 in Verantwortungseigentum einer Stiftung) auf seinen Flaschen echte Engagierte. Dazu zählen bereits Emilene Wopana Mudimu, Talu Tüntas, die Dragqueen Susi Sendling, oder die ehemalige Hausbesetzerin Ariane. Mit Raul Krauthausen gewinnt die Flaschenfamilie nun wohl das prominenteste Gesicht.
„Quartiermeister ist nicht nur ein soziales Unternehmen, das es ernst meint und ein unfassbar leckeres Bier. Sondern auch ehrlicherweise das erste Bier, das ich jemals trank.“, so Raul Krauthausen. Für ihn bedeutet Inklusion die selbstverständliche Annahme und Bewältigung von menschlicher Vielfalt. Ob Events, Institutionen, Produkte, Dienstleistungen oder Onlinemedien – Räume sollten so geschaffen werden, dass Menschen mit Behinderung wie selbstverständlich einen Zugang erhalten und aktiver Teil dieser Räume sein können. Deswegen war Raul auch schnell begeistert von der Idee, Teil der Etikettenfamilie zu werden. Die einzige Voraussetzung war: Es sollte ein alkoholisches Bier sein. So ist es nun das kaltgehopfte Bio-Helle geworden, das bereits seit 2018 im Regal steht und bisher von einem fiktiven, bayrischen Konterfei geziert wurde.
„Festgestellt, wieviel Wissen uns eigentlich fehlt“
„Im Zuge der Vorbereitung der Kampagne haben wir uns auch intensiv mit unseren eigenen Barrieren befasst. Wir wollen nicht auf Andere zeigen, sondern kritisch bei uns selbst anfangen. Beim Einlesen in die Thematik habe ich schon gemerkt, wieviel Wissen uns eigentlich fehlt“, gesteht die Geschäftsführerin der Quartiermeister Stiftung Lisa Wiedemuth ein. „Warum zum Beispiel bewerben und gewinnen so wenig Inklusions-Projekte unsere Förderung, obwohl sie vollständig unseren Kriterien entsprechen? Hier arbeiten wir aktuell an einem Bewerbungsprozess in einfacher Sprache und rollen unsere Homepage neu auf, um die digitale Teilhabe zu verbessern. Unsere Entscheidungen wollen wir künftig auch mit einem diversen Beirat begleiten.“
An die Gastrokund*innen von Quartiermeister wird ebenso gedacht. Geplant ist in Zusammenarbeit mit Wheelramp, einer Ausgründung von SOZIALHELD*INNEN, mobile Rampen zu vergeben, damit sich Kneipen- und Kulturorte barrierearmer aufstellen können. „Klassische Getränkemarken vergeben unter sogenannten Werbekostenzuschüssen gern Schirme, Markisen und Kühlschränke als kostenfreie Ausstattung und Kunden*innenbindung an die Bars. Wir spielen dieses Spiel seit Anbeginn nicht mit, drehen es nun aber für einen sozialen Zweck um.“, so der langjährige Vertriebler von Quartiermeister Andre Weigold.
Persönliches Kennenlernen mit Raul Krauthausen
Ein persönliches Kennenlernen von Raul, den Quartiermeister*innen und der Kampagne ist am 7. Mai ab 19 Uhr im Aquarium (Admiralstraße 1-2) möglich. Während des feierlichen Launchs wird Raul aus seinem Buch „Wer Inklusion will, findet einen Weg. Wer sie nicht will findet Ausreden“ mit anschließender Diskussion lesen. Zudem wird dem Engagement weiterer Inklusionsprojekte – wie zum Beispiel der „Pride Parade – behindert und verrückt feiern“ – eine Bühne geboten. Sie zeigen beispielhaft auf, wie kulturelle Teilhabe in Kiez und Kulturbetrieb gestaltet werden kann.
Weitere Informationen: www.quartiermeister.org
Quelle: Quartiermeister – korrekter Konsum GmbH
Fotos: Maximilian Gödecke
Video: Viktor Schanz