GFGH begrüßt Trend zu regionalen Marken und Bierspezialitäten
Die anhaltend positive Entwicklung der Binnenkonjunktur wirkt sich auf die Geschäfte des deutschen Getränkefachgroßhandels nur marginal aus. „Die Konsumenten geben ihr Geld eher für Technik, Mode, Urlaub und Immobilien aus als für mehr höherwertige Getränke“, berichtet Günther Guder, Geschäftsführender Vorstand des Bundesverbandes GFGH, über die Stimmung bei seinen Mitgliedsbetrieben, die auch die alljährliche Konjunkturumfrage bei rund 20 Prozent seiner 556 Mitgliedsbetriebe widerspiegelt. Danach erwarten gut 50 Prozent für das erste Halbjahr 2015 lediglich gleichbleibende Umsätze und Erträge im Vergleich zum Vorjahr. Die gemeldeten Umsätze stiegen 2014 um 1,75 Prozent (Vorjahr 4,48 Prozent) auf 20,48 Mrd. Euro (Vorjahr 20,13 Mrd. Euro). Damit liegen die Mitglieder des Bundesverbandes im Durchschnitt knapp über dem Umsatzplus aller Getränkefachgroßhändler, das das Statistische Bundesamt mit 1,6 Prozent nominal ausweist, wogegen die Umsätze real preisbereinigt um 0,3 Prozent zurückgingen. Die Angaben der Verbandsmitglieder zur Gewinnsituation schwanken sehr und bestätigen den langjährigen Trend zu Firmenkonjunkturen. 83 Prozent der Betriebe melden ein Ertragsplus, 16 Prozent einen Gewinnrückgang.
Die gemeldeten Umsatz- und Gewinnerwartungen für das erste Halbjahr 2015 sprächen ebenfalls für eine weiterhin angespannte Ertragssituation. Nur 20,7 Prozent erwarten steigende Umsätze. Im Vorjahr waren es noch 54,13 Prozent, resultierend wohl auch aus der Fußball-WM 2014. 51,4 Prozent (Vorjahr 30,3 Prozent) erwarten gleichbleibende Umsätze und 26,7 Prozent (Vorjahr 15,6 Prozent) Umsatzrückgänge. In ähnlichem Umfang gehen die Gewinnerwartungen zurück: von 42,7 Prozent für das erste Halbjahr 2014, die steigende Gewinne erwarteten, auf nunmehr 19 Prozent. 54,3 Prozent (Vorjahr 40,5 Prozent) erwarten gleichbleibende und 26,7 Prozent (Vorjahr 16,9 Prozent) rückläufige Gewinne.
„Unsere Mitgliedsunternehmen stehen nach wie vor unter Ertragsdruck“, betont Günther Guder, hervorgerufen durch die fast permanenten Promotionaktivitäten im LEH und beim Discounter. 75 Prozent der verkauften Menge vermarkteten die zehn Top-Biermarken auch im Jahr 2014 dauerhaft über Promotion. Zwar sei erfreulich, dass der durchschnittliche Promotionpreis für namhafte nationale Premiumbiere im Jahr 2014 endlich über das Niveau von 10,00 € stieg. Allerdings seien in letzter Zeit wieder vereinzelt Angebote unter 10,00 € zu beobachten. Weniger erfreulich sei jedoch, dass sich die Schere zwischen Non-Promotionpreis (12,92 € laut GfK im Jahr 2014) und Promotionpreis (10,42 €) weiter auf 2,50 € geöffnet habe. Zu DM-Zeiten betrug der Abstand lediglich 1,00 DM, also etwa 0,50 €. Die Anhebung der Herstellerpreise im Herbst 2013 und Frühjahr 2014 hatten über die entsprechende Weitergabe beim GFGH für eine gewisse Entlastung in den Bilanzen gesorgt. Staatlich administrierte Vorgaben wie der Mindestlohn und die Ausweitung der Maut zehrten dagegen den gewonnenen Spielraum weitgehend wieder auf.
Über die neuen gesetzlichen Vorgaben äußern sich die Mitglieder besorgt. 54 Prozent beklagen den erhöhten bürokratischen Aufwand durch die Aufzeichnungspflichten und darüber hinaus die Haftung für die Zahlung des Mindestlohns durch einen beauftragten Subunternehmer z. B. in der Leergutsortierung. „Unsere Betriebe müssen saisonale Schwankungen fast immer mit Aushilfskräften bewältigen, deren Arbeitszeiten nun akribisch nachgehalten und aufgezeichnet werden müssen“, erklärt Guder. Neun Prozent der GFGH-Unternehmen signalisieren in der Umfrage ebenso, dass sie Entlassungen vornehmen müssten. Der Bundesverband befürchtet, dass angesichts des Mindestlohngesetzes insbesondere in Ostdeutschland etliche Getränkefachmärkte nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können.
Zu den bürokratischen Hürden gehören nach Ansicht des Bundesverbandes auch die Regelungen des Berufskraftfahrer-Qualifikationsgesetzes (BKrFQG) mit erheblichen, kostenträchtigen Schulungsverpflichtungen. Von der EU vor dem Hintergrund nationaler und internationaler Transporte initiiert, wird es der Situation einer regionalen Distribution mit nur geringen Fahreinsätzen der GFGH-Mitarbeiter nicht gerecht. 87 Prozent aller Lieferfahrten erfolgen nach der Umfrage unter den Mitgliedsbetrieben in einer Entfernung von weniger als 50 Kilometern. Außerdem betrage der Anteil der reinen Fahrzeit bei zwei Dritteln aller Auslieferungsfahrer weniger als 30 Prozent. „Darüber hinaus melden fast 78 Prozent unserer Betriebe Schwierigkeiten, freie Lkw-Fahrerstellen zu besetzen“, erläutert Guder. Kaum Probleme melden die Unternehmen bei der Akquisition von Auszubildenden. 43 Prozent melden genügend Bewerber und nur 27 Prozent können ihre Ausbildungsplätze nicht besetzen. Nach Ansicht des Bundesverbandes GFGH auch ein Resultat der Kampagne der Groß- und Außenhandelsverbände, die über die Internetplattform „Groß handeln, groß rauskommen“ Jugendliche begeistern soll für die vielfältigen Berufsmöglichkeiten im Handel.
Sorgen bereiten die Ausdehnung der Maut-Erhebung auf weitere Bundesstraßen sowie die Reduzierung der Tonnage auf 7,5 t und deren Absenkung auf 3,5 t, die bereits auf der politischen Agenda steht. Diese Vorhaben der Politik werden insbesondere die Feindistribution in ländlichen Gebieten verteuern. Auch die am 13. Dezember 2014 in Kraft getretene Lebensmittelinformationsverordnung führte im Gesamtjahr 2014 zu erheblichen Anstrengungen und bürokratischen Aufwendungen in den Betrieben.
Steigender Bierkonsum und Durst auf Spezialitäten nähren Hoffnung auf Belebung vor allem in den Getränkefachmärkten
Bier ist mit Abstand immer noch der Haupt-Umsatzträger im Getränkefachgroßhandel, der rund 80 Prozent des Biermarktes als Absatzmittler zwischen Brauereien und dem Lebensmittel- und Getränkehandel sowie der Gastronomie managt. Erstmalig seit 2006, dem Jahr der Fußball-WM in Deutschland, stieg der Bierabsatz im Jahr 2014 im Vergleich zum Vorjahr. Dabei legten nicht nur die Ausfuhren um insgesamt 4,4 Prozent zu, sondern es wurden auch im Inland mit 80,025 Mio. Hektolitern etwa 308.000 Hektoliter (plus 0,4 Prozent) mehr Bier abgesetzt als im Jahr 2013. Der Bierkonsum pro Kopf stieg entsprechend auf 107 Liter; 0,4 Liter mehr als 2013. Die Entwicklung der Biermischungen verlief nicht entsprechend dem allgemeinen Bierabsatz und verzeichnete mit 4,134 Mio. Hektolitern ein kumuliertes Jahresminus von 2,4 Prozent.
Regionale Bierspezialitäten legten im Jahr 2014 mengenmäßig um 0,5 Prozent und wertmäßig um 2,9 Prozent zu, wogegen nationale Pilsmarken mengenmäßig um 3,7 Prozent und wertmäßig um 1,2 Prozent verloren. Dank weiter steigender Beliebtheit der Craft-Biere und vieler neuer Spezialitäten regionaler Brauereien nahm die Biervielfalt in Deutschland in den letzten fünf Jahren weiter zu. Der Bundesverband sieht in den regionalen Bieren und Spezialitäten eine wesentliche Chance für die Mitgliedsunternehmen. „Unsere Firmen haben im Gegensatz zum LEH oder den Discountern in ihren rund 7.000 eigenen Getränkefachmärkten die geeigneten Fachkräfte, die Kompetenz und den Platz für die notwendige Betreuung und Präsentation, die immer mehr Konsumenten Spaß bereiten und sowohl den Brauereien als auch unseren Betrieben eine höhere Wertschöpfung ermöglicht“, begrüßt Guder diese Entwicklung, für die der Verband schon lange auch gemeinsame Bier-Workshops mit der Bier-Sommelière Sylvia Kopp auflegt. Ebenso positiv wirkt sich das Engagement von immer mehr GFGH-Unternehmen auf dem Gebiet der Sozialen Medien aus. Folgerichtig stehen die geplanten Investitionen in die IT (26 Prozent) an zweiter Stelle hinter denen mit 38 Prozent in den Fuhrpark. Insgesamt wächst im Vergleich zum Vorjahr die Bereitschaft zu Investitionen in die Betriebe: 32,2 Prozent (Vorjahr 20,7 Prozent) wollen mehr investieren als im Jahr 2014.
Die konsequente Modernisierung der Getränkefachmärkte durch Verbesserung der Optik und Platzierungsmöglichkeiten sowie die intensiven Personalschulungen zu den Produktbereichen Wein, Mineralwasser und seit einiger Zeit auch Bier(Spezialitäten) zeigt Wirkung. Der Bundesverband stellte in seiner Frühjahrskonjunkturumfrage ein deutliches Übergewicht der erfolgreicheren kooperierenden und filialisierten GFM fest, die unter einem Dach Marketing, Beschaffung und Logistik koordinieren. Die GFM melden für 2014 auch ein Umsatzplus von 2,3 Prozent gegenüber einem Minus von 1,5 Prozent im Jahr 2013.17,5 Prozent (Vorjahr 30 Prozent) der an der Umfrage teilnehmenden Betriebe erwarten eine positive Umsatzentwicklung im Bereich ihrer Getränkefachmärkte im Jahr 2015. Immerhin 52,4 Prozent (Vorjahr 34 Prozent) rechnen mit gleichbleibenden Umsätzen ihrer GFM.
Die durchaus optimistische Einschätzung zur positiven Umsatzentwicklung im Bereich Getränkefachmärkte führt der Bundesverband auf die anhaltenden Aktivitäten und Investitionen zurück, die den Einkauf für den Konsumenten dank Erlebniswelten, fachkundigem Personal, großer Sortimentsvielfalt und regionaler Spezialitäten auch gegen den preisaggressiven Lebensmitteleinzelhandel und Discounter attraktiv machen. „Vor dem Hintergrund der laut GfK seit Jahren kontinuierlich abnehmenden Anzahl der Einkaufsfahrten sind unsere GFM weiterhin gut beraten, die Betreuung und fachliche Beratung der Kunden weiter zu intensivieren und den Online-Auftritt ihrer Häuser und Angebote zu pflegen und auszubauen“, appelliert Guder.
Wie im Vorjahr wollen über 96 Prozent der Unternehmen mehr oder mindestens gleichbleibend in ihre Getränkefachmärkte investieren. Unverändert hoch mit 17,7 Prozent ist die Planung, 2015 mehr Fachpersonal einzustellen (Vorjahr 17,2 Prozent). Die Getränkefachgroßhändler stellen sich nachhaltig mit fachkompetentem Kundendienst den Marktanforderungen, den Konsumenten Spezialitäten nahe zu bringen, die Wirkung der Mineralwässer zu erläutern oder die Gastronomie zu beraten.
Wie die neuen Erlebniswelten gut geführter und sortierter Getränkefachmarkte und auch qualitätsorientierter Getränkeabteilungen im LEH die Kunden erfolgreich umsorgen, machten auch die Sieger im Wettbewerb „Deutschlands beste Getränkehändler“ deutlich, die Ende Februar 2015 im Rahmen der Delegiertenversammlung des Bundesverbandes in München präsentiert wurden.
An Aufgaben und Baustellen mangele es weder in der politischen Arbeit des Bundesverbandes noch in der Zusammenarbeit mit den Marktpartnern auf Hersteller- und Handelsseite, bewertet Günther Guder die nahe Zukunft. Seien es die Pläne der EU, alle alkoholhaltigen Getränke mit überdimensionalen Warnhinweisen zu versehen, die wachsweiche und kostbare Wasserreservoire bedrohende Gesetzesvorlage der Bundesregierung zum Fracking oder ein diskutiertes Verkaufsverbot von Energydrinks an Jugendliche: „Die überbordende Bevormundung der Konsumenten und der Kotau vor den Energieriesen nimmt offensichtlich kein Ende“, klagt Guder.
Als Beispiel für die Ignoranz der Politiker nennt er die Stellungnahme der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), gemäß der nur 6,6 Prozent der Jugendlichen die empfohlene tägliche Aufnahme von Koffein überschreiten; 42,7 Prozent der Menge über Schokolade, 43 Prozent mit Tees, 19,7 Prozent über Cola-Getränke, 2,6 Prozent über Kaffee und nur zu 0,9 Prozent über Energydrinks. „Energydrinks haben demnach keine statistische Relevanz und sind daher als Feindbild absurd“, sagt Guder.
Insgesamt sieht GFGH-Vorstand Günther Guder seine Branche gut aufgestellt, insbesondere im Vergleich zur Situation im europäischen Ausland, wo er als Präsident des Europaverbandes CEGROBB die Interessen auch in Brüssel vertritt. Der deutsche Getränkefachgroßhandel sorgt seit über 100 Jahren für das Funktionieren und das Handling des Mehrwegsystems in Deutschland, um das es große Teile der Welt aufgrund seiner ökologischen Vorteilhaftigkeit beneiden. Insofern sind Entscheidungen des Marktes gegen Mehrweg, wie jüngst von Coca-Cola, von besonderer Bedeutung für den GFGH-Berufsstand. „Wir fordern von Cola-Cola selbstverständlich, alle Mehrweggebinde beizubehalten“, so Guder. Alle GFGH-Betriebe eine, dass sie in ihren Getränkefachmärkten aktuell einen durchschnittlichen Einweganteil von unter fünf Prozent haben. Die Entscheidung der CCE AG bedeute letztlich die komplette Umstellung der distributiven Abläufe in den Unternehmen. Allein der zum Oktober 2015 geplante Wegfall der Tankstellenbelieferung mit 0,5 l-PET-Mehrweg stelle 150 Getränkefachgroßhändler vor kaum lösbare Probleme. Jedenfalls sende Coca-Cola mit der Abkehr vom Mehrweg ein fatales Signal an die gesamte Branche, das vom GFGH abgelehnt werde. Und das in einer Zeit, da große Mineralbrunnen in großem Stil und erfolgreich für die Wiederbelebung der Mehrweg-Glasflasche für Mineralwasser werben.
Quelle: Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels e.V. | bv-gfgh.de