Gastkommentar: Setzt Becks das Image aufs Spiel?
Gastkommentar von Heinz Günther, Diplom – Betriebswirt (FH): Becks verzichtet auf das Importsiegel in den USA – Es war eher eine Randnotiz in der Getränkezeitschrift „inside“ (Nr. 640). Aus markenpolitischen Gesichtspunkten wird aus dieser Randnotiz jedoch ein hochbrisantes Marketing – Thema.
Wenn in den USA Umfragen zum Thema Deutschland stattfinden, dann sind es unsere Premiumautos und das deutsche Bier, welches immer an erster oder zweiter Stelle mit Deutschland assoziiert werden. Unter diesen Rahmenbedingungen ist es dann auch konsequent, dass das deutsche Bier in die USA exportiert wird. Der Verbraucher erkennt dass importierte Bier an dem sog. Importsiegel. Die Marke Becks verzichtet nun freiwillig darauf. Es ist zu vermuten, dass reine Kostenüberlegungen hinter dieser Maßnahme stecken. Wenn diese Informationen richtig sind, wurde diese Initiative durch eine Marktforschung „abgesichert“. Danach hätten Verbraucherbefragungen ergeben, dass es für den Verbraucher am wichtigsten ist, wie das Bier gebraut wird und nicht wo.
Wenn Marktforschung das Falsche misst:
Dies ist jedoch nicht die richtige Fragestellung. Fragen, inwieweit sich das Markenimage bei bestimmten Initiativen verändern, sind in der Regel sehr komplex und können auf jeden Fall nicht über eine Wichtigkeitsfrage beantwortet werden. In diesem Fall hat sich bewährt, dass man in einem Testdesign auf jeden Fall eine Produktverkostung in den Testablauf integriert. Denn in der Praxis hat sich gezeigt, dass kleinste Änderungen des Markenauftritts zu schlechteren Qualitätsbeurteilungen führen. Als eine bekannte internationale Zigarettenmarke vor Jahren auf der Packung nur eine kleine farbliche Designänderung vornahm, schmeckte den Rauchern die Zigarette nicht mehr. Mehrere dieser Beispiele finden Sie übrigens in meinem Buch „Märkte dominieren“ bei z.B. amazon (auch als e-book erhältlich).
Der Verzicht auf das Importsiegel ist dagegen noch eine größere Veränderung als eine kleine Farbänderung auf einer Verpackung. Aus meiner Erfahrung glaube ich, dass diese Initiative negative Auswirkungen auf den Absatz hat, auch gerade deshalb, da Becks bis vor einigen Jahren mit Slogans wie „Only ever brewed in Bremen, Germany” oder “The number one imported german beer” deutlich die Herkunft und den Produktionsstandort kommunizierte. Dieser aus meiner Sicht einzige Vorteil wird jetzt der Marke entzogen. Im übrigen hatte Löwenbräu diese (negative) Erfahrung schon vor vielen Jahren gemacht und sich dann wieder besonnen, die Marke Löwenbraü in Deutschland brauen zu lassen.
Der Wettbewerb kann von dieser Maßnahme profitieren:
Auch wird meistens nicht bedacht, dass solche Maßnahmen den direkten Wettbewerb in einen bessere Situation bringen kann. Der Wettbewerb hätte nun die Möglichkeit, sofort darauf hinzuweisen, dass man (vielleicht) das einzige Bier ist, welches in Deutschland gebraut wird. Auch könnte ein Wettbewerber von sich jetzt behaupten, dass man die Nr.1 unter den deutschen importierten Bieren ist. Damit verschafft man sich in den Köpfen der Verbraucher einen mentalen Vorsprung gegenüber Becks. Ich bin mal gespannt, wer diese Vorlage aufnimmt. Ähnlich ging es der Marke Lenox in den USA. Die Verbraucher meinten, dass diese in den USA hergestellten Porzellanprodukte in England hergestellt würden. Dies ging solange gut, bis ein Wettbewerber darauf Bezug nahm und erklärte, dass seine Marke die einzige wäre, die in England produziert würde. Aufgrund dieser Positionierung wurde man zum Marktführer.
Heineken, der Marktführer der importierten Biere setzt (natürlich) auf das Importsiegel. Übrigens: Das meistverkaufte deutsche Bier aus Sicht der amerikanischen Verbraucher heißt Heineken, da über 50% der Konsumenten glauben, dass die Marke aus Deutschland stamme. Ich kann mich noch eine Aktion erinnern, wo man diese deutsche Heritage (Herkunft / Tradition) dadurch unterstrich, dass man „zig“ Millionen Bierdeckel in den USA in Umlauf brachte, wo gedruckt stand: „Printed in Germany“. Diese Aktionen trugen dazu bei, die Marke Heineken weiterhin als deutsche Marke in den Köpfen der Verbraucher zu verankern.
Mögen die besseren Strategen gewinnen.
Heinz Günther
Divergenz Marketing Strategieberatung
Münchner Str. 7
83539 Pfaffing a.d. Attel
www.divergenz-marketing.com
mail@heinz-guenther.com
Unsere Strategiephilosophie:
Der Strategieansatz Divergenz Marketing basiert auf der Divergenz Philosophie, einem Leadership – Modell, das von Al Ries, einer der Top 10Marketingberater in den USA, entwickelt wurde.
Unsere Beratungsschwerpunkte:
Wir beschäftigen uns mit allen Fragen „Rund um die Marke“. Wir beraten Sie in Ihrem Innovationsprozess, indem wir mit fast 30 Positionierungs – nnovationstechniken arbeiten, um neue (Sub) Kategorien zu (er) finden. Auch die strategischen Überlegungen unter Divergenzgesichtspunkten bei Neueinführungen, Relaunches, Positionierungsfragen, Kommunikationskonzepte, Brandingkonzepte und Brand Extensions gehören zu unseren Beratungsschwerpunkten. Weitere Informationen finden Sie unter www.divergenz-marketing.com. Neu: Jetzt auch mit Beratung für das Marken – und Lebensmittelrecht