Heinz Günther BIONADE Cola

Gastbeitrag: Heinz Günther – BIONADE Cola: Mentale Faustregeln nicht beachtet!

Heinz Günther ist gelernter Exportkaufmann, nach seinem BWL-Studium mit dem Schwerpunkt Marketing war er u.a. bei zwei Weltmarktführern (Wrigley und Philip Morris) tätig. Seit 2003 ist er selbstständiger Marketingberater mit seiner Divergenz Marketing Strategieberatung. Bereits vor zwei Jahren prognostizierte er bei der Markteinführung der BIONADE Cola bereits nichts Gutes, da die „mentalen Faustregeln“ nicht beachtet wurden. Im Gastbeitrag nimmt er nun, nachdem die BIONADE Cola wieder vom Markt verschwunden ist, noch einmal Stellung dazu:

BIONADE Cola geht nach nur zwei Jahren wieder aus dem Markt. Die Marketingstrategie der Marketingverantwortlichen ist nicht aufgegangen. Letztendlich ging es um die Frage, ob ein Cola-Produkt zur Marke BIONADE passt oder nicht. Dies ist eine klassische Fragestellung bei Sortimentserweiterungen, aber auch bei Markendehnungen. Radeberger (Eigentümer der Marke) hat im Entscheidungsprozess die Wirkung der mentalen Faustregeln aus Sicht der Verbraucher nicht beachtet bzw. unterschätzt.

Vor fast genau zwei Jahren habe ich meine Prognose formuliert
Bei der Beurteilung dieser Marketing-Initiative Anfang 2013 habe ich diese mentalen Faustregeln jedoch berücksichtigt und kam zu einem ganz anderen Ergebnis als die BIONADE-Verantwortlichen. Bei meinen Überlegungen kam mir auch zu Gute, dass ich dieses Problemfeld auch von vielen anderen Warengruppen her kenne. Hier einige Originalzitate aus meinem Fachaufsatz „BIONADE Cola: Top oder Flop?“ (nachzulesen auf meiner Homepage):

„Der mentale Fit fehlt. Speziell für Cola haben wir ganz bestimmte Informationen in unserem Gehirn abgespeichert, wie z.B. die schwarz, braune Farbe der Cola, die Kalorien und bei den Light Verwendern das Thema Süßstoff. BIONADE dagegen steht eher für eine gesunde Limo für eine heile Welt. Diesen offensichtlichen Widerspruch stellt unser Gehirn fest. Wenn wir mit einer BIONADE Cola konfrontiert werden, dann gibt es in unserem Gehirn eine Störung, da der mentale Fit insgesamt nicht passt und diese Information nicht im Kaufzentrum abgelegt wird.“

„… dass es sich hier um ein ‚experienzielles‘ Markenkonzept handelt. Bei diesen Konzepten stehen sensorische Erlebnisse im Mittelpunkt, die auf ein sinnliches Produkt-erleben abzielen und die durch den Aufbau von Assoziationen getragen werden. Man geht hier von einer im wesentlichen vorbewussten Informationsverarbeitung aus, die sich  aus dem Auftreten der Marke und dem sinnlichen Erlebnis speist. Daraus entsteht ein intuitives Schlussmuster. Dinge die da nicht reinpassen, werden quasi automatisch abgelehnt.“

Dieses Phänomen ist hinreichend bekannt
Radeberger steht hier nicht alleine. In meinem oben zitierten Fachaufsatz habe ich weitere Beispiele aufgezählt, wo mentale Faustregeln ebenfalls nicht beachtet wurden, darunter auch weitere Beispiele aus der Getränkebranche:

  • Das Experiment „Schweppes sparkling tea“ fand keinen Weg in unser Kaufzentrum, da wir Schweppes mit Bitterlimonade verbinden und daher eine Erweiterung nicht möglich ist (anders sieht es bei symbolischen Konzepten aus; Prestigemarken wie z.B. Boss oder Dunhill lassen sich ohne weiteres in andere Kategorien dehnen, weil hier das Prestige bzw. die Selbstverwirklichung im Vordergrund stehen).
  • Auch Red Bull Cola ist unter dieser Fehlerkategorie einzuordnen, da es auch (fast) unmöglich ist, Kategorieleader zu dehnen

Man muss die Dynamik der Märkte verstehen
Wenn man die Grundmuster der Marktdynamik versteht, dann kann man teure Flops bereits im Vorfeld vermeiden. Außerdem ist es dann möglich, fundierte Prognosen auf dieser Basis zu erstellen. Wir haben bestimmte Vorstellungen in unserem Kopf, die wir quasi erlernt und die sich als mentale Faustregeln verfestigt haben. Fazit: Ich muss die mentalen Faustregeln für meine Kategorie kennen, damit ein Produkt erfolgreich werden kann.

Mögen die besseren Strategen gewinnen!

Mit durstigen Grüßen
Ihr Heinz Günther

Für weitere Fragen, Infos oder Inhouse-Seminare zu diesem Thema steht Ihnen Heinz Günther jederzeit gerne zur Verfügung: Divergenz Marketing Strategieberatung, Münchner Straße 7, 83539 Pfaffing a.d. Attel, 0172 8333 884, www.divergenz-marketing.com, mail@heinz-guenther.com

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