Freimeisterkollektiv: Damien Guichard und Nicolas Kröger präsentieren zwei Shrubs
Nein. Shrub ist weder ein rotziges Schimpfwort noch der volkstümliche Ausdruck für eine seltene orthopädische Fehlstellung. Auch geht es nicht um das englische Wort für Strauch. Der Begriff Shrub leitet sich etymologisch von dem arabischen Wort s(h)arab bzw. s(h)arba für trinken ab. Doch da unser Interesse hedonistisch und nicht linguistisch ist, wollen wir es dabei belassen und uns der Renaissance dieses Getränks widmen.
Shrubs sind essiggesäuerte Fruchtsirups, die seit einiger Zeit in der Barwelt für Aufsehen sorgen. Es ist ein Getränk mit einer langen und wechselvollen Geschichte, die beinahe in Vergessenheit geraten ist. Vorläufer findet man bereits bei den alten Griechen und Römern. Das beliebteste Erfrischungsgetränk jener Epoche – man könnte sagen: die Cola der Antike – war Posca, ein nichtalkoholisches Getränk, basierend auf Weinessig.
Der Anfang dieser Geschichte liegt in Süd- und Westasien, bei zwei unterschiedlichen Getränken. Eines ist Sharbat oder Sherbet, ein gesüßtes Getränk aus Zitrusfrüchten, Rosenblättern und Gewürzen, das vom Orient bis Indien in unterschiedlichen Varianten getrunken wird. Das andere ist das alte persische Getränk Sekanjabin, ein erfrischendes Getränk, basierend auf Honig und Essig.
Sherbet verbreitete sich im 16. Jahrhundert durch die Handelsmacht Venedig in ganz Europa. Legenden ranken sich darum, wie dieses alkoholfreie Getränk zur beliebten Zutat für Spirituosen wurde. Man erzählt, englische Schmuggler, die Alkoholfässer am Schiffsrumpf unter der Wasserlinie versteckten, mischten den Alkohol mit Shrubs, um den Geschmack des Salzwassers zu überdecken.
Da Shrubs früh als effektives Mittel gegen die Vitaminmangelerkrankung Skorbut, unter der besonders Seefahrer litten, erkannt wurde, gelangte das Getränk bald in die Karibik. Dort steckte die Destillation von Rum in den Anfängen. Damals war diese aus Melasse, einem vergorenen Abfallprodukt der Zuckerproduktion, destillierte Spirituose fast ungenießbar, und jede geschmackliche Veränderung willkommen.
In den Vereinigten Staaten stehen Shrubs spätestens seit der Prohibition für Abstinenz und nicht für Ekstase.
Aus Nordamerika kommen Rezepte, die an die Anfängen dieser langen Reise erinnern. Shrubs werden hier ab dem 18. Jahrhundert vornehmlich mit Essigsäure zubereitet und sowohl als Erfrischungsgetränk wie auch mit Alkohol serviert. Allerdings verdrängt die aufkommende Abstinenzbewegung Spirituosen nicht nur aus dem Alltag, sondern auch aus den Shrubs. In den Vereinigten Staaten stehen Shrubs spätestens seit der Prohibition für Abstinenz und nicht für Ekstase. Durch dieses Image und die Entwicklung modernen Konservierungstechnologien und -techniken wie Kühlschränke oder industrielle Pasteurisierung geraten essiggesäuerte Fruchtsirups in Vergessenheit.
Erst mit einer Renaissance der Barkultur, wie sie vor der Prohibition existierte, werden auch die alten Rezepte für Shrubs wiederentdeckt.
Damien Guichard, der in der Berliner Bar velvet aus regionalen Zutaten Cocktails mischt, hat sich für das Freimeisterkollekitv mit dem Rum- und Cocktailexperten Nicolas Kröger zusammengetan und zwei Shrubs entwickelt – einen aus Apfel und Sellerie, der mit Apfelessig gesäuert ist, und einen aus Pflaumen, Gewürzen und Reisessig.
Über Damien Guichard (Velvet, Berlin)
Nach Berlin kam der gebürtige Franzose Damien Guichard als Übersetzer für Englisch und Französisch, der seine Deutschkenntnisse verbessern wollte. Vor allem aber sammelte er dort Kenntnisse über Bars, Spirituosen und Cocktails, Hinter den Tresen von der Redwood Bar, The Antlered Bunny und Das Tier entwickelt er sein Gefühl für ausgewogen Drinks und eine Leidenschaft gutes Handwerk. Bevor er im velvet in Neukölln aus regionale Zutaten Cocktails machte, war er im Marques Barchef.
Er wurde zum Newcomer des Jahres bei den Mixology Bar Awards 2018 nominiert und hat in Amsterdam den 1. Platz bei der Bacardi Legacy North Europe gewonnen.
Über Nicolas Kröger (N.Kröger Fine Spirits, Berlin)
Zu seinem 15. Geburtstag bekam Nicolas Kröger von seinem Großvater eine kleine Tisch-Destille. Dieses Geschenk weckte seine Begeisterung für Gerüche, Aromen und die geheimnisvolle Alchemie der Destillation.
Er ist ausgebildeter Hotelfachmann und Sommelier. Als Barkeeper in York (Grafschaft Yorkshire) betrieb er nebenbei eine Schwarzbrennerei, wo er durch ständiges Experimentieren sein Wissen über Destillation erweiterte. In London arbeitete er nicht nur hinter der Bar des Hotel Ritz, sondern auch für die angesehene The Scotch Malt Whisky Society (SMWS). In Südafrika ließ er sich zum Butler ausbilden. Er entwickelte Barkonzepte für die besten Resort-Hotels. In Berlin war er im Lebensstern und als Barchef im Salut! tätig. Vor zwei Jahren übernahm er das Rum-Depot und betreibt eine Spirituosen-Manufaktur unter seinem Namen.
Das Freimeisterkollektiv unterstützt er bei konzeptuellen Fragen, betreut Produktentwicklungen und den Vertrieb.
Quelle/Bildquelle: Freimeisterkollektiv GmbH | freimeisterkollektiv.de