Corona-Krise stellt Spirituosenmarkt vor neue Herausforderungen
Die Corona-Krise ging auch am deutschen Spirituosenmarkt nicht spurlos vorbei. Der Pro-Kopf-Konsum von Spirituosen lag 2020 mit 5,2 Litern um 1,9 Prozent unter dem Vorjahreswert.
Auf dem deutschen Markt wurden rund 692 Mio. Flaschen à 0,7 Liter (nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes) angeboten. Während der Spirituosenabsatz im Lebensmittel-Einzelhandel mit einem mengenmäßigen Plus von 6,6 Prozent laut der Marktforschung Information Resources GmbH zulegte, konnten die Umsatzeinbußen des Außer-Haus-Konsums insbesondere in den Bereichen Gastronomie, Duty-Free, Events und Tourismus (jahresdurchschnittliche Distribution: rund 20 Prozent) nicht gänzlich kompensiert werden. Die Absatzrückgänge stehen einem stabilen Gesamtumsatz gegenüber. Dies lässt auf einen wachsenden Premiummarkt mit zunehmendem Genuss von hochwertigen Spirituosen schließen.
Anhaltender Trend zu Premium und Qualität bei leicht rückläufigem Pro-Kopf-Konsum
„Wir freuen uns über den anhaltenden Trend zu hochwertigem Genuss. Die Entwicklung des Spirituosenmarkts wird jedoch zunächst weiterhin eng verknüpft sein mit dem weiteren Verlauf der Corona-Krise und deren mittel- und langfristige Auswirkungen auf Gastronomie, Duty-Free und Tourismus. Insgesamt schauen wir verhalten optimistisch in die Zukunft und hoffen insbesondere im Sinne aller Markteilnehmer auf eine rasch zunehmende Normalisierung des herausfordernden Marktumfeldes“, so der BSI-Präsident Thomas Ernst.
Nach Analysen der Marktforschung Information Resources GmbH stieg der Absatz an Spirituosen im LEH (inklusive Aldi/Lidl/Norma) 2020 um 35,7 Millionen Flaschen bzw. um 6,6 Prozent auf rund 574 Millionen Flaschen à 0,7 Liter gegenüber dem Vorjahr. Rund 75 Prozent des Gesamtabsatzes mit Spirituosen wurden 2020 über den Lebensmittel-Einzelhandel abgesetzt.
Unterschiedliche Entwicklung bei den Segmenten für Spirituosen setzt sich fort
Im Jahr 2020 setzte sich gleichwohl eine unterschiedliche Entwicklung bei den Segmenten für Spirituosen fort. Die größten Marktanteile verbuchten mengenmäßig weiterhin „Klare Spirituosen“ (rund 37,6 Prozent), „Liköre“ (rund 36,3 Prozent) und „Whisk(e)ys“ (rund 9,1 Prozent). Zu den Gewinnern zählten 2020 – nach Analyse der vorgenannten Marktforschung – u. a.: Wodka, Liköre (u. a. „restliche“ Liköre, Fruchtliköre, Sahneliköre, Eierliköre, Halbbitterliköre), Gin/Genever, Rum, Ouzo, Obstbrand, Whisk(e)ys, Amaretto etc. Das Umsatzvolumen am Spirituosenmarkt betrug 2020 rund 4,8 Milliarden Euro im Lebensmittel-Einzelhandel. Das ist gut ein Viertel des Umsatzes aller alkoholhaltigen Getränke (Bier, Wein, Sekt und Spirituosen) im LEH.
Die Spirituosenimporte umfassten im Jahr 2020 rund 414 Millionen Flaschen à 0,7 Liter (-9,4 Prozent) – nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes. Dieses entspricht einer Abnahme um 43 Millionen Flaschen im Vorjahresvergleich. Im Zeitraum der letzten zehn Jahre sanken die Importe um rund 15 Millionen Flaschen bzw. um 3,5 Prozent. Bezogen auf den Gesamtmarkt an Spirituosen entfallen auf Importspirituosen – nach Angaben der Marktforschung GfK SE – aktuell rund 42 Prozent des Spirituosenangebots in Deutschland (ohne Doppelzählungen, die die Zahlen des Statistischen Bundesamtes enthalten). Wichtigste Importländer waren 2020: Großbritannien, Italien, die USA, Frankreich, Griechenland, die Niederlande, Spanien, Irland, Russland, Jamaika, Eswatini und Polen.
Die Spirituosenexporte betrugen im Jahr 2020 – nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes – rund 239 Millionen Flaschen à 0,7 Liter. Dieses entspricht einer Abnahme im entsprechenden Vorjahresvergleich um 40 Millionen Flaschen bzw. um 14,3 Prozent und einer Verringerung in den letzten zehn Jahren um 1 Million Flaschen bzw. um 0,4 Prozent. Zu den wichtigsten Ausfuhrländern zählten 2020 u. a.: die Niederlande, Großbritannien, Frankreich, die USA, Belgien, Österreich, Dänemark, die Republik Côte d’Ivoire, Spanien, die Volksrepublik China, die Schweiz und Luxemburg.
Das Gesamtmarktangebot (Produktion + Import – Export) verringerte sich – nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes und Schätzungen des BSI – im Jahr 2020 (im entsprechenden Vorjahresvergleich) um 14 Millionen Flaschen à 0,7 Liter bzw. um 2,0 Prozent (ohne spirituosenhaltige Mischgetränke). Die gesamte Spirituosenbranche inklusive Importeure hatte 2020 eine stabile Umsatzentwicklung mit geschätzten rund 4,7 Milliarden Euro – darin sind rund 2,1 Milliarden Euro an Alkoholsteuern für Spirituosen enthalten.
Verändertes Nachfrageverhalten durch Corona-Krise
Der Konsum pro Kopf an Spirituosen lag im Jahr 2020 bei rund 5,2 Liter Fertigware (Quelle: vorläufige Zahl des ifo Instituts – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V.) und verringerte sich damit um 0,1 Liter bzw. um 1,9 Prozent. Im internationalen Vergleich des Pro-Kopf-Konsums mit Spirituosen belegte Deutschland im Jahr 2019 (Zahlen für das Kalenderjahr 2020 lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor) Platz 51 – unter anderem hinter Südkorea, Lettland, Belarus, Bulgarien, Estland etc. – gemäß den Analysen der Marktforschung „the IWSR and the IWSR Magazine (the Source for Wine & Spirits Analysis)“, London/Großbritannien. Der Verbrauch pro Kopf aller alkoholhaltigen Getränke (Bier, Wein, Sekt und Spirituosen) betrug im Jahr 2020 123,7 Liter pro Kopf und sank damit im entsprechenden Vorjahresvergleich um 4,9 Liter bzw. um 3,8 Prozent.
In Bezug auf das gesamte Aufkommen 2020 der spezifischen Verbrauchsteuern für alkoholhaltige Getränke (Bier, Wein, Sekt, Spirituosen und spirituosenhaltige Mischgetränke sowie Zwischenerzeugnisse) in Höhe von 3.085,1 Millionen Euro (2019: 3.139,5 Millionen Euro) entfiel auf die Alkoholsteuer für Spirituosen ein Anteil von 67,7 Prozent – wohingegen der Pro-Kopf-Konsum an Spirituosen – bezogen auf alle alkoholhaltigen Getränke 2020 – bei nur rund 4,2 Prozent lag. Die Alkoholsteuer für Spirituosen betrug 2020 2,1 Milliarden Euro und sank damit im entsprechenden Vorjahresvergleich. Sie wird von den offiziellen Stellen höher ausgewiesen, da aufgrund von Periodenverschiebungen die Steuern, die erst 2021 fällig gewesen wären, bereits 2020 beglichen wurden.
Die Mitarbeiter- und Betriebsstruktur in der Spirituosenbranche ist seit Jahrzehnten durch Konzentration gekennzeichnet. Im Jahr 2020 ergab sich in der Spirituosenbranche in Betrieben mit 20 und mehr Beschäftigten eine Zunahme auf 2.902 Mitarbeiter (+44 Mitarbeiter/+1,5 Prozent), die in 51 Betrieben (+3 Betriebe/+6,3 Prozent) beschäftigt waren (Quelle: Angaben des Statistischen Bundesamtes).
Ausblick
Die Ausbreitung des Corona-Virus und die daraufhin vollzogene Einschränkung des wirtschaftlichen und sozialen Lebens seit 2020 haben nicht nur Deutschland, sondern auch Europa und weltweit zu einem starken Einbruch der Wirtschaftsleistung und zu einer Beeinträchtigung der globalen Handelsströme und Lieferketten geführt. Trotz aller begründeten Hoffnung ist eine kurzfristige Normalisierung der wirtschaftlichen Lage nicht zu erwarten. Corona wird uns zumindest mittelfristig noch nachhaltig begleiten. Die verschiedenen Phasen des Lockdowns und die Roadmap zur „neuen Normalität“ werden im Jahr 2021 sowohl die deutsche Wirtschaft als auch die Spirituosenbranche nachhaltig fordern – insbesondere aufgrund der Verluste im Gastronomie-, Duty-Free-, Event- und Tourismus-Bereich (ca. 20 Prozent Distribution im Jahresdurchschnitt) – die nach derzeitigen Schätzungen auch im Jahr 2021 nicht mehr ausgeglichen werden können.
Außenhandel: Strafzölle belasten Spirituosen-Importeure und -Exporteure
Überdies belasten Absatz- und Umsatzeinbußen für Spirituosenimporte (insbesondere Whiskeys aus den USA seit 2018) sowie Spirituosenexporte (insbesondere Liköre seit 2019) aufgrund von Strafzöllen seitens der EU (im Zuge der Aluminium- und Stahlvergeltungsmaßnahmen) und seitens der USA (im Zuge der Airbus-Vergeltungsmaßnahmen) auch im Jahr 2021 Mitglieder des Verbandes. Begrüßenswert ist die seit 11. März 2021 beschlossene, gegenseitige Aussetzungslösung für die Strafzölle im Boeing-Airbus Disput sowie die am 17. Mai 2021 von der EU beschlossene Aussetzung der Verdopplung der Strafzölle im Stahl und Aluminium Disput, wobei der BSI weiterhin für die komplette Aufhebung der Strafzölle sowohl seitens der EU als auch seitens der USA plädiert.
Als eine Branche mit hochwertigem, genussorientiertem Angebot beobachten wir intensiv diese für die Verbraucherstimmung und die Spirituosen-Nachfrage relevanten Entwicklungstrends. Auch in Zukunft werden umfassende Markenpflege, hohe Qualität sowie damit einhergehende Bereitschaft zu stetigen Investitionen die Basis dafür sein, an die wirtschaftlichen Ergebnisse der letzten Jahre wieder anzuknüpfen.
Nachhaltige Prävention und Aufklärung als Beitrag zu “maßvollem Konsum”
Auch im Jahr 2020 übernimmt der BSI aktiv Verantwortung für den verantwortungsvollen Konsum von alkoholhaltigen Getränken. Der „Arbeitskreis Alkohol und Verantwortung“ des BSI setzt bereits seit 2005 auf eigene Präventions- und Aufklärungsmaßnahmen, um den verantwortungs-vollen Umgang mit alkoholhaltigen Getränken zu fördern. Da deren Evaluierungen durchweg positive Ergebnisse zeigen, werden diese Initiativen nachhaltig fortgesetzt – seit 2020 unter Schirmherrschaft der Drogenbeauftragten der Bundesregierung Daniela Ludwig.
Folgende Präventionsinitiativen des „Arbeitskreises Alkohol und Verantwortung“ des BSI werden nachhaltig seit Jahren und erfolgreich evaluiert durchgeführt:
- die Eltern-Präventionsinitiative „Klartext reden!“ (www.klartext-reden.de) zur Unterstützung der Alkoholprävention in Familien; über www.klartext-elterntraining.de können sich Eltern auch im Rahmen eines Online-Trainings Rat einholen;
- die Prävention „Schulungsinitiative Jugendschutz“ (www.schu-ju.de) zur Stärkung des Jugendschutzes bei der Abgabe von alkoholhaltigen Getränken, die in Kooperation mit mittlerweile 23 Partnern bundesweit vernetzt ist;
- in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Onlinehandel e. V. wird seit September 2019 Online-Händlern ein Web Based Training (WBT) zum Thema „Jugendschutz im Online-Handel mit Spirituosen“ angeboten (www.onlinehandel-wbt.de);
- die Schwangerschafts-Präventionsinitiative „Verantwortung von Anfang an!“ zur bundesweiten Aufklärung in der Schwangerschaft und Stillzeit – die insbesondere die beiden wichtigen Zielgruppen angeht: Schwangere sowie Mädchen/junge Frauen; ein begleitender Internetauftritt
- der Initiative ist seit Ende 2010 (Relaunch: Februar 2018 mit Aufklärungsvideo) unter www.verantwortung-von-anfang-an.de online;
- die neue Präventionsbroschüre seit 2021 „Alkohol am Arbeitsplatz – nüchtern betrachtet! – Ein Leitfaden für die Selbstbeobachtung und kollegiale Hilfe“ (auch im Home-/Mobile-Office) sowie
- die Verkehrssicherheits-Initiative „DON’T DRINK AND DRIVE“/„WER FÄHRT, BLEIBT NÜCHTERN“ (www.ddad.de), die der BSI/„Arbeitskreis Alkohol und Verantwortung“ zusammen mit den Wirtschaftsverbänden der Bier-, Wein- und Sektbranche durchführt.
Der BSI begrüßt auch in diesem Zusammenhang die aktuelle Veröffentlichung 2020 des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) gemeinsam mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zum rückläufigen Konsum alkoholhaltiger Getränke bei Jugendlichen – aufgrund von Aufklärungsmaßnahmen – in den vergangenen Jahren. Er wird mit den vorgenannten Präventionsmaßnahmen des „Arbeitskreises Alkohol und Verantwortung“ auch zukünftig – nachhaltig ausbauend – seinen diesbezüglichen Beitrag leisten.
Gemeinsam mit dem Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft e. V. – ZAW – (www.zaw.de) haben die Unternehmen der Alkoholwirtschaft die vom Deutschen Werberat konsequent überwachten „Freiwilligen Verhaltensregeln über die kommerzielle Kommunikation für alkoholhaltige Getränke“ erstellt und im April 2009 umfassend aktualisiert und implementiert.
Im Rahmen seiner Selbstverpflichtungen hat der BSI folgende Maßnahmen initiiert:
- Selbstregulierung gegen „Flatrate“- oder „All-you-can-drink“-Partys,
- Selbstregulierung bezüglich „Naming and Packaging“,
- Selbstregulierung gegen Präsentation von Models in der Werbung, die jünger als 25 Jahre sind,
- Selbstregulierung bezüglich „Responsible Drinking Message“,
- Selbstregulierung bezüglich 70/30-Regel bei der Werbung,
- Selbstregulierung bezüglich Jugendschutz im Online-Handel.
Seit April 2009 hat der BSI die Verbraucherwebsite „www.massvoll-geniessen.de“ hinterlegt, auf der die Konsument/innen alle relevanten Informationen zu Vorteilen und Gefahren des Konsums von alkoholhaltigen Getränken stets aktualisiert finden, um als mündige/n Bürger/in eigenverantwortliche Entscheidungen zu treffen und verantwortungsvoll mit alkoholhaltigen Getränken umgehen zu können (Relaunch inklusive Datenbank mit Informationen über Spirituosengattungen: Februar 2020).
„Der Relaunch des Webportals mit der Datenbank ist eine neue Selbstregulierung der vom BSI zugesagten Transparenz, mit der die Spirituosenbranche die Konsumentinnen und Konsumenten über die Welt ihrer Spirituosengattungen aufklären will“, sagt Angelika Wiesgen-Pick, Geschäftsführerin des BSI. „Das ist ein guter Anfang; der BSI wird in den nächsten Jahren diese Informationen zudem weiter umfassend ausarbeiten“, so Angelika Wiesgen-Pick weiter.
Quelle: Bundesverband der Deutschen Spirituosen-Industrie und -Importeure e. V. (BSI)
Titelbild: ©iStockphoto | deepblue4you