Boutique Drinks Interview
Interview

Boutique Drinks: Maxim Kilian und Cyrus Lorenz über ihre Bottled Cocktails

Cyrus Lorenz hatte gerade sein Studium an einer Schweizer Hotelfachschule beendet und wollte in der Gastronomie durchstarten. Doch genau zu der Zeit machte ihm die Pandemie erst einmal einen Strich durch die Rechnung. Ein anderer Plan musste her und so verkaufte er gemeinsam mit Maxim Kilian, u.a. ehemaliger Bar Manager im „The Parlour“ in Frankfurt und „World Class Bartender 2014“, während des Lockdowns kurzerhand Bottled Cocktails an Freunde. Mit Erfolg: Aufgrund der enormen Nachfrage führten die beiden das Geschäft fort und gründeten Boutique Drinks. Seitdem bieten sie Ready-to-drink-Cocktails an und richten sich mit den Produkte in erster Linie an das Luxury-Lifestyle-Segment, wie die gehobene Hotellerie und Feinkost-Stores. Die Nachfrage ist hoch, die Produktion läuft am Anschlag und die beiden würden gerne Personal einstellen – doch das ist aktuell recht schwierig …

Im Interview haben wir mit Cyrus Lorenz und Maxim Kilian über den Personalmangel in der Branche gesprochen. Zudem erzählen sie von ihren Cocktails, deren Herstellung sowie den weiteren Plänen.

Stellen Sie sich und Ihre Aufgaben bei Boutique Drinks bitte kurz vor!

Cyrus Lorenz: Moin, ich bin Cyrus Lorenz, Co-Founder und Geschäftsführer von Boutique Drinks aus Frankfurt. Wir haben vor gut einem Jahr gegründet und sind seitdem stetig am Wachsen. Einen eingeschränkten Aufgabenbereich gibt es daher noch nicht, aber im Allgemeinen bin ich für die Strategie, Marken-Konzeption und das operative Geschäft zuständig, helfe Maxim aber, wo es nur geht, in der Produktion.

Maxim Kilian: Mein Name ist Maxim Kilian und ich bin als Co-Founder für die Konzeption und Entwicklung der Drinks verantwortlich. Neben Produkteinkauf und Qualitätsmanagement leite ich unsere Produktion und suche ständig nach neuen Wegen, diese noch nachhaltiger und effizienter zu gestalten.

Maxim Kilian (l.) und Cyrus Lorenz (r.), die Günder von Boutique Drinks.

Während der Schließungen in der Pandemie konnte man sich mit Bottled Cocktails ein wenig Barfeeling nach Hause holen. Wie sehen Sie das Potenzial des Marktes in Zukunft?

Cyrus Lorenz: Die Pandemie war ausschlaggebend für unser Projekt. Ich hatte gerade mein Studium an einer Schweizer Hotelfachschule beendet und war eigentlich ready, um in der Gastronomie zu starten. Mit dem Lockdown haben wir dann angefangen, Bottled Cocktails an Freunde zu verkaufen, und sind dann wegen der enormen Nachfrage dran geblieben.

Heute ist die Pandemie zwar noch nicht vorbei, öffentliches Leben findet aber zum Glück wieder statt – dennoch ist der Bedarf an hochwertigen RTD-Produkte, also Ready-to-drink, größer als je zuvor. Die Menschen haben gelernt, es sich zu Hause schön zu machen, eben diese Bar Experience nach Hause zu holen, und sie setzen dabei auf hochwertige Produkte.

Momentan ist viel Bewegung am Markt, zwischen 2016-2021 sind die Sales von RTD-Cocktails global um ca. 226% gestiegen, jetzt erwarten wir jährliche Wachstumsraten von bis zu 14,9%, insbesondere in Asien und den USA, aber auch in Deutschland und Europa steigt die Nachfrage signifikant. Cocktails sind beim Dinner mehr und mehr eine alternative zu Wein und Bier. Für zuhause als Bottled Cocktails super unkompliziert und natürlich auch als Mitbringsel geeignet – von daher sind wir zuversichtlich, dass sich Premium RTD-Cocktails auch hierzulande etablieren werden.

Ihre Boutique Drinks richten sich exklusiv an Luxury Hotels & Feinkost-Stores. Was ist der Hintergrund für diese Ausrichtung?

Cyrus Lorenz: Ich habe einige Zeit in Chicago gelebt, dem Mekka der US-amerikanischen Hotellerie, und dort wurde das Thema Minibar und In-Room Revenue völlig anders gedacht. In Deutschland findet sich neben Cola und Wasser ggf. noch ein mittelmäßiger Wein auf dem Zimmer, und im besten Fall kostenlos. Dabei sind die Gäste ja durchaus gewillt, für gute Produkte Geld auszugeben, wenn sie denn angeboten würden.

In den USA und auch in anderen Metropolen Europas ist man längst wieder zu Full-Size Bottles und Premium-Produkten zurückgekehrt, das geht von der Tafel Schokolade über Champagner bis eben zum Cocktail. Und wie häufig ist man den ganzen Tag unterwegs und möchte dann auf seinem Zimmer entspannen und einen guten Drink genießen, ohne dafür wieder runter an die Bar zu müssen?! Dafür gibt es dann Boutique Drinks auf den Zimmern, ohne dabei auf die Qualität der Bar verzichten zu müssen.

In den Gourmet Stores in seiner Heimatstadt kann man sich dann unsere Produkte für zuhause kaufen, und quasi die schönen Erinnerungen einer Reise Revue passieren lassen.

Welche Drinks haben Sie im Programm? Und was zeichnet sie aus?

Cyrus Lorenz: Wir bieten derzeit sechs Drinks auf unserer Website und für Gourmet-Stores an. Dabei möchten wir mit jedem Drink eine sog. Experience schaffen, bspw. durch den Namen des Drinks. Bei „Barrels by the Sea“, unserem Rum Old Fashioned denkst Du direkt an Rumfässer, die in der Karibik gestrandet sind, in der Sonne karamellisieren und die leichte Meeresluft aufsaugen.

Bei „Golden Hour in Portofino“ ist es der Moment, wenn die Sonne das Meer küsst und den Himmel in ein tiefes Orange-Rot taucht, die perfekte Aperitivo-Stimmung also. All unsere Drinks verkörpern etwas Besonderes, die Zutaten finden sich meist verborgen im Namen wieder, so z.B. ein Kentucky Bourbon oder die Kombination eines französischen und italienischen Wermuts.

Herr Kilian, als „World Class Bartender 2014“ kennen Sie sich bestens aus: Worauf legen Sie persönlich ganz besonders Wert bei einem exzellenten Cocktail?

Maxim Kilian: Ich brauche immer etwas komplexes in einem Cocktail. Privat trinke ich gerne Klassiker und passe die Grundzutaten an, um meinen Geschmack zu finden. Wenn ich Drinks kreiere, arbeite ich gerne, indem ich ähnliche Zutaten übereinanderlege, um den Drink noch spannender zu machen.

Meine Freunde machen sich gerne über mich lustig und behaupten, in jedem meiner Drink wäre entweder Sherry oder Suze, beides absolute Lieblingszutaten von mir. Abgesehen davon muss der Gesamteindruck überzeugen, Glasware, Temperatur und Dekoration. Es gibt so wenig gute Garnishes in Bars.

Woher beziehen Sie die Zutaten? Worauf legen Sie Ihr Augenmerk bei der Auswahl?

Maxim Kilian: Momentan ist das noch ein wilder Mix aus Ware vom FGH (Fachgroßhandel) und Zutaten, die wir direkt beziehen bzw. für uns produziert werden. Am Ende muss das Ergebnis stimmen.

Wir Stress-testen alle neuen Zutaten in unseren Drinks und analysieren sie dann einmal im Labor und auch mit Freunden und Familie, die seit Tag 1 mit den Geschmäckern der Drinks vertraut sind. Wir arbeiten stark daran, komplett lokal und so nah wie möglich einzukaufen – bei Sherry natürlich schwierig. ;-)

Diese Qualität hat sicher seinen – gerechtfertigten – Preis, oder?!

Maxim Kilian: Tatsächlich ist es so, dass der Preis der kleinen, unabhängigen Anbieter den von industriellen Anbietern übersteigt. Das fühlt sich im ersten Moment komisch an, gemessen an dem, was da an Marketing- und Vertriebsbudget hinten dran hängt. Das ist für uns allerdings nur ein weiteres Zeichen, dass die Produktqualität dort gar nicht stimmen kann und wir mit unserem Ansatz richtig liegen.

Wenn wir nach und nach größere Mengen abnehmen, wird sich der Einkaufspreis sicher auch etwas nach unten korrigieren, aber auf die Qualität unserer Zulieferer möchten wir nicht verzichten. Unsere Kalkulation unterscheidet sich nicht stark von der einer Cocktailbar mit der Ausnahme, dass wir viel Zeit in die Auswahl der Produkte und das Feintuning stecken. Die Qualität, Nachhaltigkeit und Handarbeit spiegeln sich dann in unserem Preis wieder. Der liegt aktuell bei 15,00 € pro Cocktail (200 ml).

Wo kann man die Boutique Drinks überall genießen?

Cyrus Lorenz: Boutique Drinks sind u.a. im KaDeWe in Berlin, dem Alsterhaus in Hamburg oder Oberpollinger in München zu finden. Darüber hinaus in diversen Gourmet- und Feinkostgeschäften deutschlandweit. In Paris kann man sich unsere Drinks sogar innerhalb von 60 Min. nach Hause bestellen. Außerdem findet man uns auch in der Gastronomie wie bspw. dem Papa Enj in Frankfurt oder bei Veranstaltungen, Boutique Events oder Ausstellungen.

Was Catering oder High-Volume-Gastronomie angeht, bieten wir angesichts des momentanen Personalmangels eine hochwertige Alternative zum klassischen Bar-Service, gerade wenn man seinen Gästen höchste Qualität und etwas Besonderes anbieten möchte, eignen sich unsere Drinks perfekt.

Welche Kanäle und Maßnahmen nutzen Sie für die Promotion und den Verkauf?

Cyrus Lorenz: Wir bewegen uns mit unserem Produkt im Luxury-Lifestyle-Segment, dementsprechend ist unsere Kommunikation auch angepasst. Wenn unser Produkt irgendwo neu gelistet wird, kommen wir meist persönlich vorbei, um es den Kunden, aber auch den Mitarbeitern vor Ort vorzustellen. Sie sind quasi diejenigen, die den Kunden das Produkt im Geschäft erklären.

Darüber hinaus möchten wir den verantwortungsvollen Cocktail-Genuss fördern, indem wir unsere Community mit einbeziehen. Wir fragen häufig nach Kundenmeinungen oder zu welchem Anlass sie Boutique Drinks getrunken haben, und freuen uns dabei immer wieder aufs neue über das positive Feedback. Vieles passiert dabei auf Instagram, aber auch in Lifestyle-Magazinen sind wir mehr und mehr zu sehen.

Einiges zu tun also. Dazu würden Sie gerne Personal einstellen. Warum klappt das aktuell nicht?

Cyrus Lorenz: Ein wichtiges Thema! Der Personalmangel betrifft nicht nur die Gastronomie, sondern auch alle Dienstleister, die mit ihr in Verbindung stehen. Zwar ist unser Markt stark am wachsen und die Nachfrage stimmt, wir haben allerdings Probleme, den Aufträgen auch nachzukommen, da unsere Produktion am Anschlag ist.

Wir sind selbst noch relativ frisch am Markt und müssen erstmal auch als Arbeitgeber auf uns aufmerksam machen. Das versuchen wir, indem wir potenziellen Mitarbeitern viel kreative Freiheiten einräumen und sie gezielt fördern möchten. Trotzdem hält sich der Andrang in Grenzen.

Was kann man Ihrer Meinung nach allgemein dagegen tun?

Cyrus Lorenz: Leider ist die allgemeine Stimmung in Bezug auf Dienstleistungsberufe wie in der Gastronomie sehr schlecht. Junge Menschen lassen sich kaum noch für einen Karriereweg in unserer Branche begeistern, und ausgebildetes Personal hat während der Pandemie die Branche gewechselt.

Stichwort Karriereweg: Wir müssen anfangen, die Gastronomie und die mit ihr verbundenen Berufszweige unternehmerischer und wirtschaftlicher zu denken, um so auch eine langjährige Karriere zu ermöglichen. Das passiert aber nur, wenn die Branche an sich durch Politik und Berufsverbände stärker gefördert wird, und einzelne Segmente (bspw. Bartender) als Ausbildungsberufe anerkannt werden.

Dazu kommt, dass sich auch die Zahlungsbereitschaft beim Gast ändern muss: Wer gute Produkte und exzellenten Service in einem schönen Ambiente haben möchte, muss auch bereit sein, dafür zwei, drei Euro mehr zu zahlen – und das Trinkgeld gehört auch dazu!

Was dürfen wir in Zukunft noch von Boutique Drinks erwarten?

Cyrus Lorenz: Mit unserem Produktionsansatz möchten langfristig die Qualität der angeboten RTD-Produktlandschaft steigern und zeigen, dass künstlich aromatisierten Getränke keinen Platz mehr im Regal haben. Auch möchten wir Menschen für unsere Branche begeistern und einen eben schon angesprochenen Karriereweg ermöglichen.

In Bezug auf unser Produkt-Portfolio verbessern und erweitern wir uns stetig. Im nächsten Jahr wird es sicher die ein oder andere Neuerscheinung geben, und wir werden europaweit sichtbarer sein.

Boutique Drinks | Website | Instagram | Facebook

+++ Wir bedanken uns bei Cyrus Lorenz und Maxim Kilian für das offene und sehr interessante Interview! Wenn auch Sie eine interessante Marke haben, dann sollten wir uns unterhalten. Senden Sie uns einfach eine E-Mail mit dem Betreff „about-drinks Interview“ an redaktion@about-drinks.com – wir freuen uns auf Ihren Kontakt! +++

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