Berliner Berg: Via Crowdfunding zur Wiedergeburt der Original Berliner Weiße
Eine Brauerei. Eine Crowdfunding-Kampagne. 39 Tage Laufzeit. Über 65.000 Euro. Die Berliner Berg Brauerei hat mit ihrem Projekt auf StartNext soviel Geld gesammelt, wie es vorher noch niemand in der Kategorie „Food“ geschafft hat. Das eigentliche Ziel von „nur“ 50.000 Euro wurde nach nicht einmal vier Wochen um weitere 15.000 Euro erhöht. Davon wollen die Gründer eine neue separate Brauanlage anschaffen. Wozu? Um die Original Berliner Weiße, die man in ihrer eigentlichen Form so in Deutschland fast nicht mehr findet, wieder aufleben zu lassen.
Robin Weber (CEO, Gründer und Geschäftsführer) und Finn Hänsel (Gründer und Geschäftsführer) erzählen hier von der Brauerei, dem Crowdfunding, der Original Berliner Weißen sowie dem weiteren Weg der Brauerei.
Stellen Sie sich selbst bitte kurz vor: Wer sind Sie, was machen Sie bei Berliner Berg?
Robin Weber: Ich bin einer der Gründer von Berliner Berg. Als Geschäftsführer leite ich das operative Geschäft.
Finn Hänsel: Ich bin ebenfalls einer der Gründer von Berliner Berg und hauptsächlich für das Marketing zuständig.
Was ist Berliner Berg?
Robin Weber: Berliner Berg ist eine neue handwerklich arbeitende Brauerei aus Neukölln. Wir kombinieren traditionelle und handwerkliche deutsche Braukunst mit der Kreativität und der Ideenvielfalt der amerikanischen Craft-Beer-Bewegung. Unser Brauer ist Amerikaner, wir sehen uns aber trotzdem und gerade auch wegen des Widerspruchs als Verfechter und Vertreter der langjährigen Berliner Brautradition. Sowohl mit alten Berliner Stilen wie der Berliner Weiße, traditionell deutschen Stilen wie dem Lager oder den typischen Craft-Beer-Stilen wie dem Pale Ale.
Nun, Craft-Beer-Brauereien gibt es viele. Was ist das Besondere an Berliner Berg?
Robin Weber: Craft Beer heißt ja in Deutschland an sich nicht viel. Der Begriff wurde in den USA geprägt als Gegenbewegung zu Industriebieren wie Budweiser und geschmacklichen Verbrechen wie Coors Light. Amerikanische Mikrobrauereien haben sich damals als revolutionäre Gegenbewegungen dazu gegründet, getrieben von Größen wie Brooklyn Brewery, Sierra Nevada und Samuel Adams. Diese haben sich deutlich gegen die Großen positioniert indem sie a) wieder handwerklich gebraut haben und b) eine deutlich größere Sorten- und Geschmacksvielfalt angeboten haben.
In Deutschland haben wir ja immer noch eine Menge handwerklicher Brauereien, gerade in Orten wie Bamberg. Was uns fehlt ist – in einem Markt, der aus 99% aus Pils, Weizen und Hellem besteht – die Geschmacksvielfalt. Und hier setzen wir an. Hier wollen wir anders sein. Wir wollen uns der Tradition verschreiben, aber auch neue Dinge ausprobieren. Das macht uns besonders. Außerdem wollen wir dieses Bier aus der oftmals sehr teuren Nische holen und demokratisieren. Wir wollen am liebsten jedem zeigen, dass Bier nicht immer gleich schmecken muss. Daher auch unser Crowdfunding-Video mit dem erschreckendem Ergebnis, dass fast niemand mehr deutsche Biere voneinander unterscheiden kann.
Welche Biere brauen Sie?
Robin Weber: Wie oben bereits erwähnt, wollen wir die Brücke zwischen Tradition und Kreativität schlagen. Und das soll unser Kernsortiment – welches auch als Flasche verfügbar ist – ausdrücken. Unsere drei Kernbiere werden a) die Hommage an Berlin – eine echte Berliner Weiße, ganz traditionell und ohne Schuss, b) eine Hommage an die Deutsche Brautradition, ein Lager nach alter Brauweise mit der fast ausgestorbenen Dekoktion als Maischeverfahren und ausschließlich mit deutschen Zutaten gebraut und dann c) unsere Verneigung an die amerikanische Vielfalt, das Pale Ale mit amerikanischen Hopfensorten und britischem Maris-Otter Malzen.
Darüber hinaus bieten wir noch jede Menge saisonale Spezialitäten. Bisher haben wir exklusiv in Fässern für die Gastronomie gebraut: Dry Stout (Schwarzfahrer), Double IPA (R-A-Zacca), Saison (Stadtaffe), Amber Ale (Hopfenfalle) und Summer Pale Ale (Summer Pale). Wir planen, immer wieder weitere saisonale Kleinsude zu brauen. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.
Sie haben es sich zu Aufgabe gemacht, die Original Berliner Weiße wiederzubeleben. Warum gibt es das Originalprodukt so nicht mehr?
Robin Weber: Berline Weiße ist ein uralter Berliner Bierstil. Er wurde einst von Napoleon als „Champagner des Nordens“ bezeichnet und ist eher aus Zufall entstanden, als norddeutsche Brauer das bayrische Hefeweizen kopieren wollen. Diesem „Zufall“ ist es zu verdanken, dass durch Bakterien und Hefen, die eigentlich nicht ins Bier gehören, die Berliner Weiße ihre typische Säure erhält. Ähnlich wie guter Wein (und ganz im Gegensatz zu normalem Bier) wird eine Berliner Weiße daher mit den Jahren der Lagerung qualitativ immer besser und eignet sich hervorragend für Flaschengärung.
Dieser traditionelle Vorgang ist industriell jedoch nicht oder nur sehr schwer replizierbar. Sobald eine Anlage mit den Bakterien und Hefen „angesteckt“ ist, wird sie fast unbrauchbar, um normale Biere zu produzieren. Dadurch haben sich in der Vergangenheit fast alle Brauereien von diesem System verabschiedet und brauen lieber normales Bier, dem dann im Anschluss die Säure hinzugefügt wird. Das macht das Bier zwar auch sauer, aber vom Geschmack her so langweilig, dass es nur noch mit einem ordentlichen Schuss Sirup zu ertragen ist. Dieser Sirup war nie Bestandteil der originalen Weißen. Er wurde in der Zeit der Industrialisierung aus genannten Gründen erfunden.
Es gibt aber viele andere Berliner Weiße … sind diese dann nicht original?
Robin Weber: Viele Berliner Biere nennen sich Weiße. Das kann manchmal irreführend sein. Es gibt einige Biere in Berlin, die mit diesem Namen spielen. Bei genauerer Betrachtung fällt aber auf, dass keiner dieser Brauereien wirklich den reinen Namen „Berliner Weiße“ führt. Das liegt an oben genannter Besonderheit, dass eben die Original Berliner Weiße ein ganz anderes Getränk ist als die heutige industriell gefertigte Weiße. „Berliner Weiße“ als Name ist geschützt: sie muss traditionell gebraut werden und in Berlin hergestellt sein. Diese Anforderung erfüllt heute nur noch die Brauerei Brewbaker, die im Übrigen eine hervorragende Weiße produziert. Hier wollen wir ansetzen und darauf aufbauend das Angebot wieder vergrößern und unseren Teil zur Wiederbelebung dieses so herrlich gut schmeckenden Biers beitragen.
Um die Original Berliner Weiße herstellen zu können, benötigen Sie eine separate Abfüllanlage. Um diese finanzieren zu können, haben Sie eine Crowdfunding-Kampagne auf Startnext ins Leben gerufen. Warum der Weg über Crowdfunding?
Finn Hänsel: Wir haben auch einiges Geld von Freunden und Familie eingesammelt. Rein theoretisch wären wir auch damit über die Runden gekommen – allerdings langsamer und weniger publikumswirksam. Wir wollten die Berliner einfach mit ins Boot holen. Wir wollten unsere Story erzählen und zeigen, was wir machen möchten. Die ideelle und auch finanzielle Unterstützung unserer Fans hat vieles einfacher gemacht: Wir haben plötzlich Aufmerksamkeit, wir haben Vorbestellungen und mehr Geld für eine tolle Anlage und wir bekommen soviel Zuspruch, dass wir noch mehr spüren, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Das ist wirklich unglaublich.
Nach nur 26 Tagen haben Sie das Ziel von 50.000 Euro erreicht – wurde für Bier jemals so viel Geld in Deutschland „gecrowdfunded“?
Finn Hänsel: Soweit wir wissen: nein! StartNext ist die größte deutsche Plattform mit Fokus aus Crowdfunding und hier sind wir nicht nur das größte Bier-Crowdfunding, nicht einmal nur das größte Getränke-Crowdfunding, sondern sogar das größte Crowdfunding, welches jemals in der Kategorie „Food“ stattgefunden hat. Das macht uns sehr stolz und glücklich und zeigt, dass sich mehr und mehr Deutsche – und speziell Berliner – für das Thema traditionelles, kreatives und handwerklich gemachtes Bier interessieren.
Die Crowdfunding-Kampagne ist vorbei. Sie haben das Ziel zuletzt sogar auf 65.000 Euro erneuert und erreicht. Wie geht es nun weiter?
Finn Hänsel: Die Crowdfunding-Kampagne lief wirklich super. An dieser Stelle noch einmal ein großes Dankeschön an all unsere Unterstützer! Wir werden mit dem zusätzlichen Geld etwas Extra-Equipment realisieren. Eine Abfüllanlage für 0,75 l Flaschen, eine Abfüllanlage für Growler, so dass man unsere saisonalen Spezialitäten auch zuhause genießen kann und noch 1-2 weitere tolle Ideen.
Wie sieht der weitere Weg in Sachen Original Berliner Weiße aus? Wann können wir mit dem Produkt rechnen?
Robin Weber: Wir haben die Anlage jetzt finanziert und bestellt. Das ist für uns ein Riesenschritt. Wir erwarten die Lieferung und den Einbau im November/Dezember und hoffen, noch dieses Jahr brauen zu können. Mit allem drum herum wie Gärung, Abfüllung etc. rechnen wir mit einer Berliner Weiße aus unserer Anlage zum Februar 2016.
Was steht daneben noch an? Gibt es bereits Pläne für das kommende Jahr?
Robin Weber: Klar. Es gibt immer Pläne. Wir wollen unseren Schankraum etablieren, wir wollen mit Food Trucks zusammen arbeiten, wir wollen Köche überzeugen, mit unseren Bieren Food Pairings anzubieten. Wir möchten neben der Berliner Gastro-Szene auch in anderen Märkten Fuß fassen. Wer weiß, vielleicht können wir durch das Crowdfunding auch noch einige Spezialitäten außerhalb unseres Kernsortiments in Flaschen abfüllen.
An Fantasie und Enthusiasmus mangelt es bei uns zumindest nicht. Wir sind voller Tatendrang und müssen uns gerade eher bremsen als noch mehr Gas zu geben.
Berliner Berg Brauerei | berlinerberg.com | facebook.com/berlinerberg
[vc_row][vc_column width=”1/1″][vc_cta_button2 style=”rounded” txt_align=”left” title=”Text auf der Schaltfläche” btn_style=”rounded” color=”blue” size=”md” position=”right”]Wir bedanken uns bei Robin Weber und Finn Hänsel für das offene und sehr interessante Interview und wünschen Berliner Berg weiterhin viel Erfolg! Wenn auch Sie eine interessante Marke haben, dann sollten wir uns unterhalten. Senden Sie uns einfach eine E-Mail mit dem Betreff „about-drinks Interview“ an redaktion@about-drinks.com – wir freuen uns auf Ihren Kontakt![/vc_cta_button2][/vc_column][/vc_row]