Ausblick 2015: Stabile weltweite Nachfrage mit Vorteilen für Weine aus kühlem Klima

Der Weinkonsum in traditionellen Erzeugerländern ist zwar rückläufig, doch vor allem in Asien und Nordamerika gewinnt Wein immer mehr Freunde. Während der Trend zu nachhaltigem Weinbau und zu Weinen aus kühlem Klima anhält, experimentieren Winzer in vielen Ländern mit schwefelfreiem „Naturwein“ und Weinen aus Tonamphoren.

Die Ernte 2014 kann den weltweiten Verbrauch und den Bedarf an Verarbeitungsweinen abdecken. Gute Nachrichten für alle Akteure des internationalen Weinhandels, die sich vom 15. bis 17. März 2015 erneut in Düsseldorf zur ProWein, der internationalen Leitmesse für Wein und Spirituosen, treffen: Der internationale Austausch gewinnt im Weinsektor immer mehr Bedeutung. Seit 2005 stieg die weltweit im- bzw. exportierte Weinmenge von 72 Mio. Hektoliter (hl) auf 99 Mio. hl im Vorjahr. Das sind 40 Prozent des globalen Weinkonsums, der bei kleineren Schwankungen relativ stabil bei etwa 240 Mio. hl bleibt. Wie die internationale Weinorganisation OIV in ihrem neuesten Marktbericht feststellt, gibt es jedoch erhebliche Verschiebungen innerhalb der Verbraucherländer. Während in Frankreich, China, Italien, Australien und Österreich der Konsum zurückging, stieg er in den USA, Deutschland und Griechenland.

USA größter Konsummarkt
Die USA wurden 2013 mit 29 Mio. hl erstmals größter Konsummarkt der Welt, vor allem weil der starke Verbrauchsrückgang in Frankreich (28 Mio. hl) anhält. An dritter und vierter Stelle folgen Italien (22 Mio. hl) mit ebenfalls rückläufigem und Deutschland (20 Mio. hl) mit leicht ansteigendem Konsum. China (17 Mio. hl) hält die fünfte Position, obwohl das in den Vorjahren schnelle Wachstum möglicherweise im Zusammenhang mit der Regierungskampagne gegen Korruption gestoppt wurde. Dennoch sagt eine Euromonitor-Prognose voraus, dass China 2017 bereits der weltweit größte Weinmarkt sein könnte.
Während in Frankreich, Italien und China vor allem heimische Weine getrunken werden, sind unter den TOP 3 der Konsumländer gleichzeitig zwei der drei wichtigsten Weinimportnationen der Welt. Die größten Weinimporteure und damit die wichtigsten am Welthandel beteiligten Konsumländer waren wie in den Vorjahren Deutschland (15 Mio. hl) vor Großbritannien (13 Mio. hl) und den USA (11 Mio. hl). In den USA sehen viele Produzenten noch erhebliches Wachstumspotenzial, da der noch relativ niedrige Pro-Kopf-Verbrauch weiter zunimmt.

Weiter im Fokus: Nachhaltigkeit und Weine aus kühlem Klima
Unabhängig von diesen Verschiebungen bei Konsum- und Handelsmengen bleiben einige Trends im internationalen Weinbau länderübergreifend wirksam. Ökologisch bewusster, nachhaltiger Weinbau ist längst keine Marktnische mehr. Weinbauverbände ganzer Länder – wie Südafrika, Kalifornien, Chile oder Neuseeland – haben ihre Nachhaltigkeitsprogramme kontinuierlich weiterentwickelt. Spanien, Italien und Frankreich bewirtschaften bereits fast 200.000 Hektar Weinberge ökologisch. Und zur ProWein 2015 kehren Bioweine auf Wunsch der meisten Aussteller in die reguläre Gliederung nach Nationen zurück.

Während man in Europa Wert auf recht strenge und international definierte Öko-Produktionsregeln legt, neigen die außereuropäischen Länder mehr zu einem umfassenden Konzept, das neben dem Weinbau auch soziale Aspekte des Umgangs mit Personal und des Fairen Handels einbezieht. Für den weltgrößten biodynamischen Erzeuger, die chilenische Kellerei Emiliana, hatte die Umstellung auch qualitative Gründe, wie der kürzlich überraschend verstorbene CEO José Guilisasti immer wieder betonte: „Wir glauben, dass nachhaltige und biodynamische Produktion eine Voraussetzung für Weinberge ist, die sich in einem natürlichen Gleichgewicht befinden, was sich in besserer Traubenqualität und besseren Weinen ausdrückt.“

Ein kleiner, aber wachsender Teil von Erzeugern in aller Welt geht noch einen Schritt weiter und sucht nach einem ursprünglichen Geschmack natürlicher Weine, in Opposition zu industriellen Methoden im Weinbau und der Weinherstellung. Dabei experimentieren einige Produzenten mit Maischegärung bei Weißwein, mit Gärung und Lagerung in Tonamphoren und mit Verzicht auf Schwefelung.

Während diese Methoden jedoch eher vereinzelt zum Einsatz kommen, ist der Trend zu kühl gewachsenen, frischen und weniger alkoholstarken Weinen international ungebrochen. Vor allem in Verbindung mit dem befürchteten Klimawandel führt dies in vielen Ländern zur Erschließung neuer Weinberge in Höhenlagen. Der spanische Weinbaupionier Miguel Torres hat am Fuß der Pyrenäen auf 1200 m Höhe Weinberge angelegt. „Es ist eine Art Klima-Versicherung“, sagt er dazu.

Ernte 2014: 271 Mio. Hektoliter
Die globale Weinproduktion lag mit 271 Mio. hl geringfügig unter dem Vorjahr. Auch hier haben sich bei den großen Erzeugerländern Gewichtsverschiebungen ergeben (nachfolgende Erntezahlen nach OIV-Schätzungen). Gleichbleibend ist aber der Termin, zu dem der neue Jahrgang erstmals international präsentiert wird: Zur internationalen Leitmesse ProWein in Düsseldorf stellen mehr als 5.000 Aussteller aus 50 Nationen ihre Weine und Spirituosen dem Fachpublikum vor.

Italien (bei der ProWein in den Hallen 15 und 16 zu finden) ist der mit 20,4 Mio. hl weltweit größte Weinexporteur, aber kann angesichts einer kleinen 2014er Ernte (44 Mio. Hl) seine Position als größter Weinerzeuger nicht halten. Marktbeobachter rechnen mit steigenden Preisen, die vor allem den größten Kunden Deutschland treffen werden. Alexander Hofer von der Gruppo Italiano Vini sieht China und Russland als wichtigste Wachstumsmärkte für italienische Weine.

Mit 46 Mio hl Wein wurde Frankreich, dessen Aussteller sich bei der Pro-Wein 2015 in den Hallen 11 und 12 präsentieren, 2014 weltweit größter Weinerzeuger, muss aber im China-Export Einbußen hinnehmen. Ein „Aktionsplan 2025“ strebt weitere Verbesserungen bei Produktion, Humankapital und Marketing an und greift den Trend zu sozialen und nachhaltigen Themen stärker auf.

Spanien (Halle 10) besitzt von allen Weinländern die größte Rebfläche (1,08 Mio. ha), erntete aber mit etwa 37 Mio. hl deutlich weniger als im Vorjahr. Durch intensive Exportbemühungen können die Produzenten den seit Jahren rückläufigen inländischen Konsum ausgleichen. Zwei Drittel der spanischen Exporte sind Fassweine. Der Trend zu verstärktem Bio-Ausbau und zu autochtonen Rebsorten wie Garnacha oder Monastrell hält an.

Unter den kleineren Erzeugerländern hat Deutschland (in den ProWein-Hallen 13 und 14) mit 9,3 Mio. Hektoliter wieder eine normale Weinmenge geerntet. Im Export erzielen die Deutschen seit einigen Jahren steigende Durchschnittspreise. Der Trend zu hochwertigen Weinen aus detailgenau definierten Lagen hält an. Der Absatz griechischer Weine profitiert von einer deutlichen Belebung des Griechenland-Tourismus. Portugal kann das Exportvolumen des Vorjahres nicht erreichen, weil außergewöhnliche Fassweinlieferungen nach Spanien und Frankreich sich nicht wiederholen dürften.

Generell gewinnen die außereuropäischen Erzeugungs- und Konsumländer weiter an Bedeutung. Chile hat im vergangenen Jahr Australien als viertgrößten Weinexporteur der Welt abgelöst. Die Ausfuhren des Andenlandes stiegen auf fast 8 Mio. hl. Argentinien, das 2014 rund 15 Mio. hl (ohne Saft und Most) erntete, leidet im Export weiter unter bürokratischen Vorgaben. Der rasante Qualitätstrend in der Produktion mit Weinen aus hochwertigen Einzellagen ist jedoch nicht zu übersehen. Malbec aus Argentinien ist an Märkten wie USA und Canada längst unverzichtbarer Bestandteil des Angebots. Südafrika (Erntemenge 11,4 Mio. hl inkl. Saft, Konzentrate etc) ist weiterhin sehr erfolgreich im Export. Siobhan Thompson, CEO der Exportorganisation WOSA, möchte in der Zukunft neue Schwerpunkte setzen: „Wir exportieren mehr als zwei Drittel unserer Auslandsverkäufe nach gesättigten Märkten Europas. Wir müssen künftig mehr in Richtung USA und Fernost sehen.“ Australien erntete trotz rückläufiger Rebfläche mit 12,6 Mio. hl etwas mehr als im Vorjahr und wird demnächst einen 5-Jahresplan zur Verbesserung seiner internationalen Marktposition vorlegen. Neuseeland meldete eine Rekordernte von 3,2 Mio. hl (+29%), die es dem Land ermöglicht, der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. Die neuseeländische Weinindustrie, die besonders großen Wert auf nachhaltige Produktion legt, möchte ihr Exportvolumen in den kommenden Jahren um 50 % auf 2 Milliarden NZ-Dollar steigern.

Obwohl die internationale Weinproduktion in 2014 nicht ganz das Vorjahr erreicht, liegt die verfügbare Menge doch über dem weltweiten Konsum, so dass auch genügend Verarbeitungswein zur Verfügung steht. Insgesamt kann der Weinjahrgang 2014 im kommenden Jahr die weltweite Nachfrage decken, wie OIV-Geschäftsführer Jean-Marie Aurand bei der Vorstellung der Erntezahlen feststellte. Beste Voraussetzungen also für das Spitzentreffen der internationalen Wein- und Spirituosenbranche: der ProWein in Düsseldorf, vom 15. bis 17. März 2015.

Der Autor Jürgen Mathäß ist seit über 20 Jahren als Journalist tätig. Nach seiner Tätigkeit als Chefredakteur der deutschen Fachzeitschrift “Weinwirtschaft” (1986-1992) konzentriert er sich bis heute auf seine Tätigkeit als selbständiger Journalist und Berater auf das Thema Wein.

Quelle: Messe Düsseldorf GmbH | prowein.de | facebook.com/ProWein.tradefair | twitter.com/ProWein

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