Reh Kendermann Bingen
Positiver Ausblick

Reh Kendermann: Forderndes Jahr mit Umsatzrückgang von 7%

Ein turbulentes Geschäftsjahr (1. Juli 2023 bis 30. Juni 2024) liegt hinter den Bingern: Die Reh Kendermann GmbH Weinkellerei erwirtschaftete einen Umsatz von rund 80 Millionen Euro. Dies bedeutet zwar einen Rückgang von knapp sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr, allerdings nahm die Entwicklung in den letzten Monaten des Geschäftsjahres wieder an Fahrt auf. Dieser positive Trend setzt sich derzeit fort. Daher blickt das Unternehmen zuversichtlich in die Zukunft und sieht sich gut aufgestellt. Der Standort Bingen wurde durch Investitionen weiter gestärkt.

„Keine Frage: Die Durststrecke zog sich länger hin als erwartet“, räumt Geschäftsführer Alexander Rittlinger ein. Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, geprägt von Inflation, Lohnsteigerungen, volatilem Verbraucherverhalten und weiterhin hohen Zinsen einerseits sowie sinkenden Absätzen andererseits, hinterließ auch bei der Binger Weinkellerei ihre Spuren. Während sich das Inlandsgeschäft in einigen Bereichen erholte, allerdings dennoch insgesamt negativ ausfiel, tat sich der Export der in diesem Geschäftsfeld starken Kellerei durchweg schwer. „Die allgemeine Exportschwäche deutscher Unternehmen trifft auch uns“, erläutert der Geschäftsführer. Dennoch ist Alexander Rittlinger zuversichtlich: „Wir haben an vielen Stellschrauben gedreht, uns neu ausgerichtet, zusätzliches Geschäft generiert und gezielt investiert. So dürfen wir allmählich die Früchte ernten, die wir in den vergangenen Jahren gesät haben.“ Auch durch die Konzentration am Standort Bingen sieht der Geschäftsführer Reh Kendermann schlagkräftiger aufgestellt.

Reh Kendermann Alexander Rittlinger

Geschäftsführer Alexander Rittlinger ist zuversichtlich. (Bildquelle: Thomas Mumbächer)

Tochtergesellschaften schlossen zufriedenstellend ab

In Anbetracht der weltwirtschaftlichen Lage ist Alexander Rittlinger mit der Entwicklung der internationalen Tochtergesellschaften und der Beteiligungen der Weinkellerei größtenteils zufrieden. Die Carl Reh Winery in Oprisor konnte ihr Ergebnis leicht verbessern. Yapp Brothers schnitt positiv ab, blieb aber aufgrund hoher Kosten durch Standortinvestitionen hinter den Erwartungen zurück. Beteiligt ist Reh Kendermann an North South Wines, einem Importeur in England, der die gesamte Handelswelt von Independents über Multiples bis hin zu den Discountern beliefert. North South Wines konnte das Geschäftsjahr erfolgreich beenden.

Schwierigkeiten hatte erneut das eigene Weingut Napier im südafrikanischen Wellington. Inflation, Kostendruck und weniger Absatz zeigen sich deutlich in der Bilanz. „Die Bewältigung der Herausforderungen bleibt eine Mammutaufgabe“, ist sich Alexander Rittlinger bewusst. „Weine aus diesem Land haben eine hervorragende Qualität, können sich allerdings auf den Märkten derzeit nicht behaupten.“ Reh Kendermann setzt hier auf Premiumrotweine.

Inland performte gut, Exportgeschäft litt

Das wachsende Inlandsgeschäft konnte die Verluste im Export nicht vollständig kompensieren. 2023/24 exportierte Reh Kendermann nach wie vor in 35 Länder. Starke Zuwächse gab es vor allem in den baltischen Staaten, in der Ukraine und in Irland. Das Asiengeschäft, vor allem in China, zeigte sich immer wieder anfällig und ist seit Jahren volatil. Das im vorherigen Geschäftsjahr rückläufige Nordamerikageschäft erholte sich langsam. In Kanada beispielsweise hatten hohe Logistikkosten und Regalpreise das Geschäft belastet, beides entspannt sich derzeit. Ebenso stellte sich die Situation in Skandinavien dar: Hier drückte vor allem der Wechselkurs den Ertrag. Gerade der wichtige Markt Schweden legte dahingegen wieder zu.

Reh Kendermann Keller

Die Produktion von Reh Kendermann. (Bildquelle: Steffen Henkel)

Als größte Herausforderung zeigte sich erneut der britische Markt, der für Reh Kendermann sehr bedeutend ist. Dort wachsen die Marktanteile der Discounter stetig, der traditionelle Lebensmitteleinzelhandel hingegen schrumpft und verliert an Relevanz. „In England geht es nur noch darum, noch billiger zu sein. Das gegenseitige Unterbieten und die systematische Wertevernichtung gehen immer weiter“, erläutert Alexander Rittlinger. Steigende Kosten weiterzugeben, sei nahezu unmöglich. Hinzukomme, dass das Steuersystem die Preise am Regal nach oben treibe. Erneut haben die Briten die Alkoholsteuer um 3,6 Prozent angehoben – dies bedeutet etwa zehn Pence mehr pro Flasche. „Wein könnte zum Luxusgut werden. Irgendwann kostet die Flasche 100 Pfund“, mutmaßt Alexander Rittlinger augenzwinkernd. „Mit der Beteiligung an North South Wines gelingt es uns zwar, tiefer in den Markt einzudringen, doch das ist mühsam und verlangt einen langen Atem.“

Fokus bei Marken auf Premium gerichtet

In den vergangenen Jahren hat sich Reh Kendermann stärker auf das Premiumsegment konzentriert und realisiert für Kundinnen und Kunden im In- und Ausland Premium- und Terroirkonzepte. „Unsere Partnerinnen und Partner können sich auf hohe Qualität verlassen. Dies macht uns in der Krise weniger anfällig“, erläutert der Geschäftsführer. Die Serie Weinhaus Reh Kendermann hatte im vorvergangenen Geschäftsjahr ein „all time high“ erreicht. Dies konnte sie im abgelaufenen Geschäftsjahr übertreffen und weiter zweistellig zulegen.

Relaunch von Black Tower, Strandgut erneut spitze

Black Tower ist seit nunmehr Jahrzehnten die beliebteste deutsche Weinmarke im Ausland und für Reh Kendermann nach wie vor das wichtigste Standbein. Infolge des anspruchsvollen Geschäfts im Vereinigten Königreich und in Teilen Skandinaviens musste Black Tower allerdings Verluste hinnehmen. Aktuell arbeitet Reh Kendermann an einem Relaunch der gefragten Traditionsmarke. „Black Tower gibt es zwar schon lange, aber die Marke ist zugleich modern und hat immer noch Potenzial“, ist Alexander Rittlinger überzeugt. Die ersten Flaschen werden Mitte Februar gefüllt. Pünktlich zur Sommersaison werden diese in einem sichtbar überarbeiteten Design in den Regalen stehen“, verrät der Geschäftsführer.

Modern, leicht und unkompliziert ist das Profil der Marke Strandgut, die im Geschäftsjahr 2023/24 wiederholt einen starken Zuwachs verzeichnete: Mit knapp 1,5 Millionen verkauften Flaschen zählt sie zu den Marktführern bei Marken-Weinschorlen im Ready-to-Drink-Gebinde. Bei Val Duna, der rumänischen Weinmarke aus dem eigenen Weingut in Oprisor, arbeitet die Kellerei derzeit an einem neuen Markenauftritt.

Reh Kendermann Bingen

Der Standort in Bingen. (Bildquelle: Steffen Henkel)

Standort Bingen gut aufgestellt

Seine Standorte in Bingen strukturierte Reh Kendermann in den vergangenen Jahren neu: Die Kellerei schloss den Standort in Gau-Bickelheim und investierte in die Stärkung des Standortes Bingen. Dank der Konsolidierung am Hauptsitz und einer starken Zusammenarbeit mit den Dienstleistern gelang es, die fehlenden Standortkapazitäten souverän auszugleichen. Bingen profitierte davon durchweg: Im abgelaufenen Geschäftsjahr hatte die Kellerei weitere 1,5 Millionen Euro in ein neues Tanklager für Süßreserve, eine Photovoltaikanlage auf dem Dach eines Kellers, eine Brandmeldeanlage in der Produktion und im Lager sowie in die Implementierung eines Warenwirtschaftssystems investiert.

Auszubildende aus der Ukraine

Reh Kendermann bildet derzeit sieben junge Menschen in vier gewerblichen und kaufmännischen Berufen aus. 2024 ging das Unternehmen neue Wege in der Gewinnung von Auszubildenden und besetzte erstmals drei Stellen mit Bewerberinnen und Bewerbern aus der Ukraine. Sie durchlaufen Ausbildungen zur Fachlageristin, zur Industriekauffrau und zum Weintechnologen. Im Rahmen ihrer Ausbildung erhalten die drei einen Deutschkurs und werden von der Kellerei mit Lernmitteln ausgestattet. „Bisher sind wir sehr zufrieden“, resümiert Alexander Rittlinger die vergangenen Monate. „Vor allem die Unterstützung durch die anderen Auszubildenden ist wertvoll und der Teamgeist passt.“

Reh Kendermann Azubis

Reh Kendermann bildet derzeit sieben junge Menschen in vier gewerblichen und kaufmännischen Berufen aus. (Bildquelle: Björn Ritter)

Positionierung als Boutiqueweinkellerei

„Die Aufgaben und Herausforderungen, die vor uns liegen, sind enorm”, resümiert der Geschäftsführer. „Während die Coronapandemie noch als kurzfristige Krise erschien, von der wir zugegebenermaßen in Teilen profitierten, befinden sich viele Unternehmen seither im Dauerkrisenmodus.“ Und doch sieht er die aktuelle Lage nicht nur sorgenvoll: „Wir sind dadurch in einem permanenten Veränderungsprozess, der uns automatisch dazu bringt, uns noch stärker auf die Kundenbedürfnisse zu fokussieren.“ Reh Kendermann positioniert sich selbst als Boutiquekellerei: „Wir sind die kleinste Weinkellerei unter den Großen, agieren flexibel und haben kurze Entscheidungswege. Wir haben unsere Prozesse intern so optimiert, dass wir uns einen guten Ruf als liefertreuer Partner erarbeitet haben.” Profitieren wird die Kellerei seiner Einschätzung nach auch, weil sie ihren Fokus auf Weißweine legt. Rotweine verlören weltweit, der Trend gehe langfristig eindeutig hin zu leichten Weißweinen.

Gleichwohl sorgt sich Alexander Rittlinger um den Zustand des Marktes. Aus seiner Sicht sind neues Denken und Handeln in der Branche zwingend notwendig. Winzerinnen und Winzer sollten nicht zum Aufgeben gezwungen sein, weil sich der Weinanbau für sie nicht mehr lohne. „Natürlich spielen wir als Kellerei in diesem Gefüge eine wichtige Rolle, aber letztendlich bestimmt der Handel den Preis am Regal. Wir werden wieder häufiger Preise unter zwei Euro pro Flasche sehen. Das mag kurzfristig den Markt aktivieren, wir sollten uns aber alle darüber bewusst sein, dass Winzerinnen und Winzer auf diesem Preisniveau langfristig nicht überleben können“, ist er sich sicher. „Auf der anderen Seite können wir als Kellerei nicht auf ewig die Forderungen von Winzerinnen und Winzern sowie dem Handel abfangen. Denn: Qualität hat ihren Preis. Wird diese nicht ausreichend geschätzt, muss man sich schon die Frage stellen, ob hier nicht ein Kulturgut verramscht wird.“ Nur gemeinsam – mit Winzerinnen und Winzern, Kellereien und Handel – könne Wein zukunftsfähig gehalten werden. „Bessere Qualität zu noch günstigeren Preisen ist ein Widerspruch und finanziell nicht stemmbar.“

Kompetenzcenter für alkoholfreie Weine

Gleichwohl beschäftigt sich Reh Kendermann seit vielen Jahren intensiv mit alkoholfreien Weinen. Der Riesling vom Kalkstein alkoholfrei ist seit Langem ein gefragtes Produkt und konnte 2023/24 erneut wachsen. „Noch ist der Marktanteil von alkoholfreien Weinen gering, aber sie werden an Fahrt aufnehmen – ähnlich wie es in der Bierbranche der Fall war und ist“, sagt Alexander Rittlinger. Auch der Handel entdecke das Thema und sei bereit, ein Meter Regal für Weinalternativen zu nutzen. Im angelaufenen Geschäftsjahr hatte die Kellerei alkoholfreien Weinen auch organisatorisch einen höheren Stellenwert beigemessen und ein Kompetenzcenter aufgebaut. „Bei alkoholfrei still und alkoholfrei aromatisiert sehe ich uns bereits sehr gut aufgestellt“, erläutert der Geschäftsführer. „Wir wollen aber auch im Wachstumsbereich Sparkling alkoholfrei vorangehen. Hier gilt es für uns, rechtzeitig zukunftssichere Konzepte anzubieten.“

Quelle: Reh Kendermann GmbH Weinkellerei
Bildquelle Titel: Steffen Henkel

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