Interview

Steffen Goubeaud und Peter Jauch über Spirituosen: „Luxus ist nicht immer an ein Preisniveau gebunden“

In der Welt der gehobenen Hotellerie und Gastfreundschaft ist Steffen Goubeaud eine inspirierende Persönlichkeit, die sowohl als Bartender, Brand Ambassador und nun als General Manager der beiden 25hours Hotels in Frankfurt beeindruckt. Seine Laufbahn spiegelt eine tiefe Verbindung zur Luxus-Spirituosen-Welt wider, die sich durch sämtliche seiner beruflichen Stationen zieht.

Während dieser Zeit hat Steffen auch das eine oder andere Mal Berührung mit Thorsten Husmann gehabt. Schließlich war es auch Thorstens Vorschlag, ihn mit in diese Interview-Serie über Luxus-Spirituosen zu integrieren. Eine gute Entscheidung, denn Steffen ist ein äußert spannender Interview-Gast.

Peter Jauch

Peter Jauch (© Anja Prestel)

Als Bartender entwickelte er ein feines Gespür für erstklassige Spirituosen und ihre Bedeutung im Erlebnis des Gastes. Später als Brand Ambassador trug er diese Leidenschaft weiter, indem er das Wissen und die Faszination für luxuriöse Marken und Produkte einem breiteren Publikum vermittelte. Heute, in seiner Rolle als Geschäftsführer, vereint Steffen diese unterschiedlichen Erfahrungen und Perspektiven. Für ihn sind Luxus-Spirituosen nicht nur ein Produkt, sondern ein essenzieller Bestandteil eines gehobenen Gästeerlebnisses, das er in den 25hours Hotels stetig weiterentwickelt.

Seine Expertise, die sich über so viele Facetten der Branche erstreckt, ermöglicht es Steffen, einen außergewöhnlichen Blickwinkel auf das Thema Luxus-Spirituosen zu werfen. Es ist eine seltene Mischung aus operativer Exzellenz, Markenverständnis und einer tiefen Leidenschaft für Qualität, die ihn zu einem wichtigen Akteur in der Hotellerie und darüber hinaus macht.

Steffen, die Bühne im Interview gehört nun Dir!

Peter Jauch: Stell Dich bitte zuerst selbst kurz vor!

Steffen Goubeaud: Mein Name ist Steffen Goubeaud, ich bin 41 Jahre alt und ein typischer Quereinsteiger in die Hospitality-Industrie. Eigentlich habe ich Geisteswissenschaften und Soziologie studiert, aber während des Studiums habe ich im Barbereich gejobbt, um meine Miete zu zahlen. Dort bin ich hängen geblieben, weil es mir unheimlich viel Spaß gemacht hat, und dann habe ich gesagt: „Das möchte ich mein Leben lang machen.“

Ich habe als Barkeeper angefangen, wurde Bar-Manager und schließlich Corporate Bar Manager für eine Hotelgruppe. Irgendwann hat mich aber das Thema Hotel als Ganzes fasziniert – als sozialer Raum – und ich habe meinen Fokus erweitert. Während der Coronazeit habe ich meinen Hotelbetriebswirt gemacht. Jetzt bin ich seit letztem September wieder in Frankfurt und aktuell für zwei Hotels verantwortlich – The Trip und The Goldman.

Steffen Goubeaud

Steffen Goubeaud

Peter Jauch: Du hast auch erwähnt, dass du für eine Zeit in der Spirituosenindustrie gearbeitet hast, zuletzt für Ferdinand’s Gin. Was hat dich dazu bewogen, und warum hast du dich letztlich entschieden, die Branche zu verlassen?

Steffen Goubeaud: Ja, ich habe für Ferdinand’s ein Jahr als Brand Manager gearbeitet. Das Team ist großartig und ich bin mit den Gründern schon länger bekannt. Aber letztlich hatten wir in teilen unterschiedliche Vorstellungen davon, was ich tun sollte und wie ich der Firma gewinnbringend helfen könnte. Die Arbeit hat mich nach einer Weile etwas unterfordert und ich konnte meine Stärken in meinen Augen nicht voll entfalten bzw. einbringen. Daher kam ich zu dem Schluss, dass ich in der Rolle weder der Richtige für Ferdinand’s noch für meine persönliche Entwicklung bin, und wir haben uns im Guten wieder voneinander getrennt.

Peter Jauch: Was ist für dich eine Luxus-Spirituose?

Steffen Goubeaud: Luxus ist für mich nicht unbedingt immer an ein Preisniveau gebunden. Es kann z.B. ein Produkt sein, das nicht besonders teuer, aber eher ungewöhnlich oder schwer erhältlich ist. Es kann auch ein Nischenprodukt sein, das vielleicht nicht viele Leute kennen, aber aufgrund seiner Qualität oder Exklusivität als Luxus für eine Person gilt. Eine Flasche muss nicht unbedingt teuer sein, um für ein Individuum ein Luxusgut darzustellen. Sicher ist der Begriff Luxus immer direkt mit einem höheren Preis assoziiert. Das Luxus allerdings auch ein subjektives Gefühl sein kann, kommt dabei leider oft etwas kurz.

„Eine Flasche muss nicht unbedingt teuer sein, um für ein Individuum ein Luxusgut darzustellen.“ – Steffen Goubeaud

Peter Jauch: Wie intensiv arbeitest du heute noch mit Spirituosen?

Steffen Goubeaud: Heute leider nur noch indirekt. Ich kümmere mich hauptsächlich um die betriebswirtschaftlichen Aspekte und Weiterentwicklung der Hotels im großen Ganzen. Im Hinblick auf das Thema Luxusspirituosen komme ich dann meist über Themen wie Wareneinsatz und Sortiment indirekt in Berührung mit höherpreisigen Spirituosen. Hin und wieder diskutiere (und „nerde“) ich mit meinen Bar-Managern dann über die Auswahl der jeweiligen Spirituosen, aber das war’s auch schon. Privat genieße ich das ein oder andere Tröpfchen natürlich schon noch, wenn auch mittlerweile sehr selten.

Peter Jauch: Wo siehst du die größten Potenziale im Bereich der Luxusspirituosen?

Steffen Goubeaud: Ich persönlich habe das Gefühl, dass viele Spirituosenmarken (auch im höherpreisigen Sortiment) sich noch immer schwer mit einer klaren und wohldurchdachten Marketingstrategien tun. Es gibt zwar Ausnahmen, aber oft wirkt das Marketing gerade bei traditionellen Luxusspirituosen noch immer unscharf, willkürlich oder profan dekadent. Oft zielt man krampfhaft auf gewohnte Zielgruppen, welche so meist gar nicht mehr existieren oder versucht sowohl traditionelle Konsumenten als auch neue (meist jüngere Zielgruppen) anzusprechen und verliert dabei in meinen Augen oft jegliche Authentizität und viel wichtiger Integrität.

25hours The Trip Frankfurt

Die Shuka Bar im 25hours Hotel The Trip in Frankfurt. (Credit: Stephan Lemke)

Peter Jauch: Gibt es ungenutzte Lücken im Luxus-Spirituosen-Markt?

Steffen Goubeaud: Neben klaren, fokussierten und integreren Marketingstrategien sind es sicher zahlreiche Konsumentenkreise und Zielgruppen, die als solche gar nicht wahrgenommen und daher (unbeabsichtigt) vernachlässigt bzw. nicht erschlossen werden. Ohne hier jetzt zu sehr ins Detail zu gehen und sicher auch eher aus einer laienhaften Sicht … wenn ich (noch immer) Printwerbung für luxuriöse Rums mit greisen Männern mit Zigarren in testosterongeschwängerten Hochglanzmagazinen sehe, zweifele ich doch sehr an der Kreativität und Professionalität einiger Marketingakteure und Agenturen im Auftrag der jeweiligen Marke.

„Wenn ich (noch immer) Printwerbung für luxuriöse Rums mit greisen Männern mit Zigarren in testosterongeschwängerten Hochglanzmagazinen sehe, zweifele ich doch sehr an der Kreativität und Professionalität einiger Marketingakteure und Agenturen im Auftrag der jeweiligen Marke.“ – Steffen Goubeaud

Peter Jauch: Welche Marken dominieren deiner Meinung nach den Luxus-Spirituosen-Markt?

Steffen Goubeaud: Wenn ich an Luxus-Spirituosen und generell Luxusmarken denke, fallen mir natürlich sofort etablierte Champagner-Marken wie Moët & Chandon oder Roederer ein. Auch Belvedere Vodka oder Grey Goose Vodka und Patrón Tequila haben es sicher geschafft, sich als Luxusmarke zu etablieren ohne dass jede Flasche auch direkt extrem teuer ist. Die genannten Spirituosen haben es in meinen Augen vor allem geschafft eher ein „Luxusgefühl“ anstatt einen „Luxuspreis“ mit dem Konsum ihrer Spirituosen zu verknüpfen was ich (wie bereits erwähnt) bemerkenswert finde.

Was mir auffällt, ist, dass der Konsum von Rum in Europa scheinbar noch nicht denselben Status hat wie zum Beispiel Tequila oder Vodka, obwohl ich persönlich finde, dass es keine zugänglichere und letztlich auch spannendere Spirituosengattung gibt.

25hours The Goldman Frankfurt

Die Oost Bar im 25hours Hotel The Goldman in Frankfurt. (Credit: Stephan Lemke)

Peter Jauch: Welche Rolle spielen Technologien wie künstliche Intelligenz oder Blockchain im Luxus-Spirituosen-Markt?

Steffen Goubeaud: Da muss ich ehrlich sagen, dass ich nicht genug Wissen über diese Themen habe, um eine fundierte Antwort zu geben. Künstliche Intelligenz könnte sicherlich in der Produktion oder im Marketing eine Rolle spielen, aber ich habe bisher keine direkten Berührungspunkte damit gehabt.

Peter Jauch: Wie wichtig ist Nachhaltigkeit im Luxus-Spirituosen-Bereich?

Steffen Goubeaud: Nachhaltigkeit wird immer wichtiger, besonders für jüngere Konsumenten. Es ist sicher kein Muss für extrem hochpreisige und meist auch sehr limitierte Luxusprodukte, aber für den Großteil der Luxusspirituosen und ihrer Konsumenten spielt Nachhaltigkeit eine zunehmende Rolle.

Peter Jauch: Siehst du regionale Unterschiede im Luxus-Spirituosen-Markt?

Steffen Goubeaud: Ja, absolut. Allein in Deutschland sind regionale Unterschiede durch unterschiedliche Kaufkraft in verschiedenen Städten, aber durchaus auch aufgrund unterschiedlichen sozialen Habitus zu beobachten. Ohne es beweisen zu können, bin ich mir ziemlich sicher, dass in München pro Kopf mehr hochpreisige Spirituosen konsumiert werden als in Köln oder Dresden.

Peter Jauch: Welche Rolle spielt der Onlinehandel dabei?

Steffen Goubeaud: Der Onlinehandel ist in der Pandemie gewachsen und bleibt auf einem höheren Niveau als vor Corona. Viele Konsumenten haben die Bequemlichkeit des Onlinekaufs entdeckt und bleiben auch weiterhin dabei. Besonders für kleinere Mengen oder limitierte Produkte sehe ich weiterhin großes Potenzial im Onlinehandel.

„Hennessy hat es in meinen Augen geschafft, die Marke neu zu erfinden und zusätzlich zur gewohnten Klientel eine jüngere Zielgruppe anzusprechen.“ – Steffen Goubeaud

Peter Jauch: Gibt es innovative Marketingstrategien, die dir positiv aufgefallen sind?

Steffen Goubeaud: Hennessy hat das sehr gut gemacht. Sie haben es in meinen Augen geschafft, die Marke neu zu erfinden und zusätzlich zur gewohnten Klientel eine jüngere Zielgruppe anzusprechen. Sie kombinieren beispielsweise Streetart und Luxus oft sehr geschickt ohne an Authentizität und Integrität zu verlieren. Zumindest empfinde ich persönlich das so …

Peter Jauch: Möchtest du noch etwas zum Thema Luxus-Spirituosen hinzufügen?

Steffen Goubeaud: Erstmal nicht, aber ich habe mich wirklich sehr gefreut, meine Gedanken zum Thema teilen zu dürfen – auch wenn ich selbst gar nicht mehr direkt in der Spirituosenindustrie tätig bin. Es war ein spannendes Gespräch und ich bin gespannt, was aus der ganzen Interviewserie entstehen wird.

Mehr von Peter Jauch

„Jauch’s 5“ ist die Kolumne auf about-drinks. Peter Jauch rückt in jedem Artikel 5 Hauptdarsteller in den Fokus – mal sind es Gins, mal Drinks, Bars, Restaurants, Events oder andere Spirituosen. Peter Jauch ist Autor von „GIN – Das Buch“ und Gründer von about GIN TONIC. Er ist Speaker und Host verschiedener Gin-Erlebnisse (Tastings, Festivals, Dinners). Zudem gründete er das „GIN Erlebnis Festival“, das „about spirits Festival“ und schrieb das Konzept für die „GIN church“ Zürich. Weitere Infos über ihn gibt’s unter aboutgintonic.com. Das Video-Interview mit ihm findet man hier.

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+++ Wir bedanken uns bei Peter Jauch für das Interview! Wenn auch Sie eine interessante Marke haben, dann sollten wir uns unterhalten. Senden Sie uns einfach eine E-Mail mit dem Betreff „about-drinks Interview“ an redaktion@about-drinks.com – wir freuen uns auf Ihren Kontakt! +++

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